Politik

Wie bitte wird man Diplomat? Joschka Fischer präsentiert Buch

Ein realistisches Bild vom diplomatischen Dienst zeichnen und mit Vorurteilen aufräumen will das Buch, das Bundesaußenminister Joschka Fischer (Grüne) in Berlin vorstellte. "Auswärtiges Amt - Diplomatie als Beruf" heißt das 400 Seiten starke Werk. In 45 Aufsätzen über die Bedingungen, Hürden und Pflichten eines Mitarbeiters im Auswärtigen Dienst erfährt der Leser vor allem dies: Lässige Cocktailempfänge, exotische Länder und fürstliche Entlohnung für entspannte Arbeit sind eher die Ausnahme.

Die beiden Herausgeber, die Nachwuchsdiplomaten Enrico Brandt und Christian Buck wollen über das informieren, was sie selbst bei ihrer Bewerbung beim Auswärtigen Amt gern gewusst hätten: Was tut ein Kulturreferent in einer deutschen Botschaft? Welchen Alltag hat der Mitarbeiter im Krisenreaktionszentrum? Wie funktioniert ein Bundesministerium mit tausenden Mitarbeitern und wie wird Außenpolitik gestaltet? Auf diese Fragen versucht das Buch Antworten zu geben.

Belastungen für die Familie

Die Diplomatenlaufbahn sei eine Lebensentscheidung mit Belastungen für die Familie, sagte Fischer bei der Präsentation. Trotz der Möglichkeiten der modernen, direkten Kommunikation zwischen Präsidenten, Regierungschefs und Ministern hätten Diplomaten weiterhin eine gute Zukunft, meinen die Autoren. Neben einer vorbildlichen beruflichen und akademischen Ausbildung seien Einsatzbereitschaft, Teamgeist, Kontaktfreudigkeit und sympathisches Auftreten wichtige Grundvoraussetzungen für Erfolg auf diplomatischem Parkett.

In den einzelnen Beiträgen schildern Staatssekretäre, Botschafter, Diplomatengattinnen, Pressesprecher und Angehörige des mittleren Dienstes, wie es in Botschaften, bei den Vereinten Nationen, in Brüssel und der Zentrale in Berlin so zugeht. Ein Ratgeber für alle, die mit dem Beruf des Diplomaten liebäugeln. "Eine Lebensentscheidung mit weit reichenden Konsequenzen", umreißt Außenminister Fischer seine Erfahrungen. Überraschende Erkenntnisse habe er bei der Übernahme des riesigen Ministeriums mit 8.000 Mitarbeitern und 200 Auslandsvertretungen gewonnen.

"Mit 50 gilt man noch als Nachwuchskraft im Auswärtigen Dienst", sagte der 54-jährige Ministeriumschef. Er wünsche sich, dass jüngere Leute schneller höhere Diplomaten-Posten erreichen könnten. Freimütig erzählte Fischer auch von seinen Erfahrungen aus der Anfangszeit als Minister ohne Diplomaten-Ausbildung, als ihm ranghohe Mitarbeiter während der Kosovo-Krise diplomatische Geheimdepeschen zunächst nicht preisgeben wollten. Nach bald vier Jahren Amtszeit lautet Fischers Fazit: "Der Apparat und der alt gewordene Sponti haben zueinander gefunden."

"Auswärtiges Amt. Diplomatie als Beruf" (Verlag Leske + Budrich, 2002).

Quelle: ntv.de

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