"Irrtum" der US-Armee Journalist erschossen
18.08.2003, 05:16 UhrDie US-Streitkräfte in Irak haben eingeräumt, versehentlich einen Kameramann der britischen Nachrichtenagentur Reuters erschossen zu haben. Die Soldaten hätten die Kamera des 41 Jahre alten Mazen Dana mit einem Raketenwerfer verwechselt, sagte ein Militärsprecher. Dana hatte am Sonntag im Westen von Bagdad vor dem US-geführten Gefängnis Abu Ghraib gefilmt, wo zuvor bei einem Mörseranschlag sechs Iraker getötet und etwa 60 verletzt worden waren.
Auf dem Videoband in Danas Kamera war zu sehen, wie zwei US-Panzer aus etwa 50 Metern Entfernung auf ihn zu fuhren. Dann waren sechs Schüsse aus Richtung der Panzer zu hören, und Dana fiel zu Boden. Seine Leiche wurde später von einem US-Hubschrauber abtransportiert. Ein Sprecher des US-Oberkommandos Mitte, Hauptfeldwebel Lewis Matson, sagte: „Dies ist ein weiterer tragischer, extrem bedauerlicher Vorfall.“
Fahrer: „Kein Unfall“
Danas Fahrer Munser Abbas kritisierte das Verhalten der Soldaten scharf. „In der Gegend waren viele Journalisten“, sagte er. „Sie wussten, dass wir Journalisten waren. Das war kein Unfall.“ Als der Kameramann kurz vor den tödlichen Schüssen zur Vorsicht aufgerufen wurde, habe Dana geantwortet, er habe keine Angst vor den US-Soldaten – „solange sie mich nicht erschießen“. Auch andere Journalisten äußerten Unverständnis für das Vorgehen der Soldaten.
Danas Tonassistent Nael el Shyoukhi sagte, er habe vor dem Zwischenfall einen US-Soldaten in der Nähe des Gefängnisses um ein Interview mit einem Offizier gebeten. Der Soldat habe gesagt, dies sei nicht möglich. „Sie haben uns gesehen und wussten, wer wir waren und was wir vorhatten“, sagte Shyoukhi.
In der Nähe des Gefängnisses hatten sich Journalisten aufgehalten, weil die US-Armee zuvor bekannt gegeben hatte, dass das Gebäude am Samstag Ziel eines Granatenangriffs gewesen sei, bei dem mindestens sechs Iraker getötet und 58 weitere verletzt worden seien.
Reuters-Nachrichtenchef Stephen Jukes zeigte sich betroffen über Danas Tod. „Mazen war einer der besten Kameraleute von Reuters, und sein Verlust trifft uns schwer.“ Dana habe an vielen Krisenherden in der Welt gearbeitet und für seine Arbeit Preise erhalten. Ende 2001 erhielt er vom Komitee zum Schutz von Journalisten für seine Berichterstattung über den Konflikt in seiner Heimatstadt Hebron den Internationalen Preis der Pressefreiheit. Dana hinterlässt eine Frau und vier Kinder.
17 Journalisten im Irak gestorben
Mit dem Tod des Palästinensers Dana stieg die Zahl der seit Beginn des Kriegs im Irak getöteten Journalisten auf 17. Zwei weitere Journalisten gelten seit Kriegsbeginn am 20. März als vermisst. Bereits am 8. April war ein Reuters-Kameramann in Bagdad getötet worden. Der Ukrainer Taras Protsyuk starb in dem von Journalisten bewohnten Hotel Palestine, das von einem US-Panzer beschossen wurde.
Immer mehr Sabotageakte
Unterdessen häufen sich in Irak die Sabotageakte. Bei der Explosion eines Munitionslagers in der nordirakischen Stadt Tikrit sind am Montag nach Medienberichten bis zu zwölf Menschen ums Leben gekommen. Einige der Opfer seien unter den Trümmern verschüttet, berichtete der arabische Fernsehsender El Dschasira. Die Explosion habe sich während einer Razzia der US-Armee gegen Anhänger des gestürzten Diktators Saddam Hussein ereignet.
Am Wochenende waren eine wichtige Öl-Pipeline, eine Hauptwasserleitung in Bagdad und das größte Gefängnis des Landes Ziel von Anschlägen.
Quelle: ntv.de