Rentenbonbon Kabinett stimmt zu
08.04.2008, 10:40 UhrDas Bundeskabinett hat die außerplanmäßige Rentenerhöhung um 1,1 Prozent beschlossen. Die Anhebung fällt damit in diesem Jahr mehr als doppelt so hoch aus wie geplant. Auch 2009 sollen die 20 Millionen Rentner einen Extra-Zuschlag erhalten. Nach dem Kabinettsbeschluss soll dazu der dämpfende Riester-Faktor in der Rentenformel für zwei Jahre ausgesetzt werden. Geplante Beitragssenkungen werden verschoben. Dies ist in der Union umstritten.
Der umstrittene Kabinettsbeschluss dient nun den Koalitionsfraktionen als Vorlage für einen Gesetzentwurf. Der Streit in den Parteien und zwischen Alt und Jung geht aber weiter. Einige Abgeordnete kritisieren, die Sonder-Rentenerhöhung gehe zulasten der jungen Generation. Auf Kritik etwa der Arbeitgeber stößt zudem, dass die Beiträge erst später wieder sinken sollen als unter geltender Rechtslage.
Belastung für die Zukunft
Michael Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft Köln betont gegenüber n-tv die Konjunkturrisiken, die sich aus der Rentenerhöhung ergeben könnten: "Wir haben jetzt schon einen Überhang nicht vorgenommener Rentenkürzungen, die sich aus dem Regelwerk ergeben. Insofern ist das eine Belastung für die Zukunft und kein sehr gutes Signal. Die Regierung hat hier ein Thema aufgemacht, bei dem sie nur sehr kurzfristig, wenn überhaupt, gewinnen kann. Die 1,1 Prozent Rentenerhöhung sind nun auch nicht die Welt, aber der Schaden, der sie anrichtet mittelfristig, der ist umso größer."
Anhebung längst nicht sicher
Der Präsident des Sozialverbandes VdK Walter Hirrlinger hält die Anhebung trotz der Kabinettszustimmung noch nicht für gesichert. "Zunächst einmal muss abgewartet werden, ob die jungen Abgeordneten im Bundestag nicht alles versuchen werden, das noch zu verhindern", sagte Hirrlinger der "Thüringer Allgemeinen". "Eine ganze Reihe von Abgeordneten schießen immer noch dagegen, weil sie meinen, die Alten leben auf Kosten der Jungen." Dies sei eine "Missachtung der älteren Menschen".
Die Jungen Liberalen kritisierten die Erhöhung erneut als Wahlgeschenk an die Rentner. Die Bundesregierung sollte "dringend davon Abstand nehmen, denn auf unverantwortliche Weise wird hier in die vor wenigen Jahren so mühsam ausgehandelte Rentenformel hineingepfuscht", erklärte der Vorsitzende Johannes Vogel.
Mehr Rente auf Pump
Der Bonus soll aber mit den Rentenanpassungen 2012 und 2013 wieder verrechnet werden. Der Extra-Zuschlag verursacht über die nächsten Jahre Kosten von zwölf Milliarden Euro. Dadurch verzögern sich die geplanten Beitragssatzsenkungen
Hirrlinger warnte in der "Passauer Neuen Presse" davor, den Riester-Faktor später nachzuholen. Angesichts der hohen Inflation bleibe den Rentnern unterm Strich von den 1,1 Prozent Erhöhung nichts übrig. Im Gegenteil, es seien weitere Rentenkürzungen zu erwarten: "Das halte ich für unerträglich."
Der CDU-Haushaltsexperte Steffen Kampeter warnte vor einer "Rentenerhöhung auf Pump". Entscheidend sei eine solide Finanzierung der Erhöhung, sagte Kampeter der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Die Kosten müsse das Bundesarbeitsministerium überwiegend selbst einsparen.
Schlechte Öffentlichkeitsarbeit von Scholz
Nach einem Bericht der "Berliner Zeitung" hatte Kanzlerin Merkel in der CDU-Vorstandssitzung am Montag gesagt, Arbeitsminister Olaf Scholz (SPD) habe das Vorhaben schlecht nach außen dargestellt. "Das war ein kommunikatives Desaster", wird die Kanzlerin laut der Zeitung von Sitzungsteilnehmern zitiert.
Quelle: ntv.de