Politik

Humanitäre Katastrophe steht bevor Kampfjets bombardieren Tripolis

Erneut fliegen Kampfjets Angriffe auf die libysche Hauptstadt Tripolis. Dabei soll auch die Residenz Gaddafis getroffen worden sein. Nach Angaben der Rebellen weiten sich die Aufstände bis in Vororte der Hauptstadt aus. Laut UN steht das Land vor einer humanitären Katastrophe. 750.000 Menschen sind auf der Flucht. Es fehlt an Nahrung, Medikamenten und Benzin.

Ein Aufständischer am Grenzübergang Wasin.

Ein Aufständischer am Grenzübergang Wasin.

(Foto: dpa)

Kampfjets haben in der Nacht erneut die libysche Hauptstadt Tripolis bombardiert. Mehrere Explosionen erschütterten die Stadt, wie Augenzeugen berichteten. Stunden zuvor hatten Zeugen von zwei Explosionen nahe den Zentralen des libyschen Staatsfernsehens und der amtlichen Nachrichtenagentur JANA berichtet.

Eine Frau sagte dem arabischen Nachrichtensender Al-Dschasira, Ziel der Angriffe sei auch das Areal gewesen, auf dem Machthaber Muammar al-Gaddafi residiert. Die Lebensumstände in Tripolis würden immer schwieriger, sagte sie. Es fehle etwa an Nahrungsmitteln und auch an Medikamenten. Nach den Bombenangriffen waren in der Stadt Sirenen und Gewehrfeuer zu hören. Nach Angaben eines Wächters traf mindestens eine Bombe ein Gebäude, in dem zahlreiche zivile Organisationen untergebracht waren. Berichte über mögliche Opfer gab es zunächst nicht.

Aufstand bereits vor Tripolis?

Einer oppositionellen Zeitung zufolge hat der Aufstand gegen Gaddafi mittlerweile mehrere Vororte von Tripolis erfasst. Zahlreiche Bewohner hätten sich den Rebellen angeschlossen und bereiteten einen Protestmarsch in Richtung Stadtzentrum vor, berichtete die regierungskritische Zeitung "Brniek" unter Berufung auf Augenzeugen. Mitglieder der Sicherheitskräfte hätten sich dem Aufstand ebenfalls angeschlossen und versorgten die Aufständischen mit Waffen.

Die Regierung präsentiert vermeintliche Schäden der Bombardierungen.

Die Regierung präsentiert vermeintliche Schäden der Bombardierungen.

(Foto: REUTERS)

Ein Augenzeuge berichtete zudem, in der Hauptstadt sei an einigen Schulen die Fahne der Aufständischen gehisst worden. In den vergangenen Tagen habe es zudem mehrfach nächtliche Razzien und Verfolgungsjagden gegeben. Die Opposition berichtete von kleineren Demonstrationen in den Stadtteilen Souk al-Dschumaa und Tadschura.

Die Aufständischen in der westlibyschen Küstenstadt Misrata haben nach eigenen Angaben die Truppen Gaddafis aus den Randbezirken zurückgedrängt. Ein Rebell mit Namen Mohammed sagte dem britischen Sender BBC, die Aufständischen seien guten Mutes.

In einer von der Regierung Gaddafis organisierten Tour wurden Journalisten zu einer Spezialklinik für Verbrennungsopfer und plastische Chirurgie geführt. Ein Arzt dort berichtete, bei einem der Bombenangriffe seien Scheiben zu Bruch gegangen, ein junger Patient sei durch Glassplitter verletzt worden. Die genaue Einschlagstelle der Bombe durften Reporter nicht besichtigen. Nach den Worten eines Wächters handelte es sich um ein Gebäude, in dem früher eine Zentrale des libyschen Geheimdienstes untergebracht war und sich heute das Landwirtschaftsministerium befindet.

Humanitäre Lage immer schwieriger

Ein Libyer pumpt Benzin ab - auch dieses Foto stammt von einer durch die Regierung organisierten Besichtigungstour.

Ein Libyer pumpt Benzin ab - auch dieses Foto stammt von einer durch die Regierung organisierten Besichtigungstour.

(Foto: REUTERS)

Nach UN-Angaben sind seit Beginn der Kämpfe zwischen Truppen von Machthaber Gaddafi und der Opposition etwa 750.000 Menschen aus Libyen geflohen. Etwa 5000 Menschen sitzen demnach an Grenzübergängen nach Ägypten, Tunesien und Niger fest und 58.000 sind im Osten Libyens auf der Flucht. UN-Nothilfekoordinatorin Valerie Amos rief zu einer Waffenpause auf, damit Hilfsgüter verteilt werden könnten.

Der Konflikt zwischen Gaddafi-Anhängern und Rebellen, der Zusammenbruch der staatlichen Infrastruktur sowie Mangel an Wasser, Nahrung, Benzin und vor allem Medikamenten stellten die Bevölkerung des Landes vor "ernste Probleme", erklärte Amos in New York. Von notwendigen 300 Millionen Dollar (208 Millionen Euro) Nothilfe für Libyen hätten die Vereinten Nationen bisher 144 Millionen erhalten. Angaben zur Zahl der Todesopfer seit Beginn des Konfliktes Mitte Februar nannte Amos nicht.

Frankreich liefert keine Waffen

Frankreich schloss derweil Waffenlieferungen an die libyschen Aufständischen zum derzeitigen Zeitpunkt aus. Es sei derzeit "nicht die Absicht der französischen Regierung, Waffen an wen auch immer in Libyen zu liefern", sagte der französische Verteidigungsminister Gérard Longuet in London.

Er sei zudem "sehr erstaunt" über die Erklärung des oppositionellen Nationalen Übergangsrats in Libyen, dass Italien die Rebellen "sehr bald" mit Waffen beliefern werde, sagte Longuet weiter. Das hatte der Rat am Wochenende erklärt. Das italienische Außenministerium hatte daraufhin erklärt, Italien werde den Rebellen nur "Material zur Selbstverteidigung" im Rahmen der UN-Resolution zu Libyen zur Verfügung stellen.

Quelle: ntv.de, dpa/AFP

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