Gerichtsentscheid Kaplan darf abgeschoben werden
26.05.2004, 08:28 UhrDas Oberverwaltungsgericht Münster sieht keine rechtlichen Hindernisse für eine Abschiebung des als "Kalif von Köln" bekannten Islamisten Metin Kaplan. Das OVG entschied damit am Mittwoch im Berufungsverfahren zugunsten der Bundesregierung. Der 8. Senat ließ die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zu. Damit droht möglicherweise ein langwieriger Instanzenweg.
Kaplan drohe in der Türkei "nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit Folter oder erniedrigende Behandlung", sagte der Vorsitzende Richter Max Seibert zur Begründung. Zwar gebe es in der Türkei nach wie vor Folter. Dies gelte jedoch nicht für den Polizeigewahrsam, in den Kaplan genommen werde. Ferner sei Kaplan wegen seiner Prominenz und damit einhergehender Beobachtung durch Medien, Menschenrechtsorganisationen oder EU-Kommission nicht mit anderen türkischen Staatsbürgern vergleichbar.
Instanzenweg muss eingehalten werden
Das OVG hob mit seinem Urteil eine Entscheidung des Kölner Verwaltungsgerichts auf und bestätigte einen Bescheid des Bundesamtes zur Anerkennung ausländischer Flüchtlinge. Sollte Kaplan vor Ausschöpfen des Instanzenweges in Deutschland abgeschoben werden, würde dies "einen schwerwiegenden Verstoß gegen seine Verfahrensgrundrechte" bedeuten, sagte Seibert weiter. Nach Auffassung des OVG erwartet Kaplan in der Türkei eine Mindeststrafe von fünf Jahren.
Nordrhein-Westfalens Innenminister Fritz Behrens (SPD) will nach der OVG-Entscheidung Kaplan möglichst schnell in die Türkei abschieben. Land und Bund würden sich aber selbstverständlich an rechtsstaatliche Grundsätze halten, versicherte Behrens in Düsseldorf. "Es wird keine Nacht- und Nebelaktion geben." Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hat das Urteil begrüßt und sich zuversichtlich über eine rasche Ausweisung geäußert. Schily hatte sich wiederholt für Kaplans Abschiebung ausgesprochen.
Kaplan untergetaucht?
Inzwischen ist gegen den "Kalifen von Köln" Haftbefehl erlassen worden. Kurz nach dem Urteil fuhren Polizisten vor dem Haus des 51-Jährigen in Köln vor. Die Stadt hatte Abschiebehaft gegen den Extremisten beantragt. Allerdings trafen die Polizisten Kaplan nicht an. Nach Angaben der Polizei wird erwogen, die Suche nach dem Islamisten auf Bahnhöfe und Flughäfen auszudehnen.
Kritik von der Anwältin
Kaplans Anwältin Ingeborg Naumann hatte scharfe Kritik daran geübt, dass die Behörden diesen Schritt bereits vor der rechtskräftigen Entscheidung des OVG vorbereitet hätten. Sie hatte bereits vor Verkündung des Entscheides vorsorglich einen Eilantrag gestellt, mit dem eine Abschiebung Kaplans in dessen Heimat verhindert werden soll. Die Anwältin will gegebenenfalls auch Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht einlegen.
Zu Beginn des Verfahrens hatte Kaplans Anwältin zwei Atteste vorgelegt, die eine schwere Krebserkrankung Kaplans belegen. Er sei zusammengefallen und sehe schlecht aus. Metin Kaplan sei nicht reisefähig.
Kaplan hatte in Köln den inzwischen verbotenen "Kalifatstaat" ausgerufen und war im Jahr 2000 vom Oberlandesgericht Düsseldorf zu vier Jahren Haft verurteilt worden, weil er öffentlich zur Ermordung eines religiösen Widersachers aufgerufen hatte, der später auch tatsächlich in Berlin getötet worden war.
Türkei wirft Kaplan Hochverrat vor
In der Türkei wird Kaplan Hochverrat vorgeworfen. Seine Abschiebung war vom Kölner Verwaltungsgericht 2003 in erster Instanz gestoppt worden. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein türkisches Gericht Aussagen gefolterter Zeugen gegen Kaplan zuließe, hieß es damals. Aus dem gleichen Grund hatte bereits drei Monate zuvor das Oberlandesgericht Düsseldorf ein Auslieferungsgesuch der Türkei verworfen.
Kaplan wird in seinem Heimatland vorgeworfen, die demokratische Staatsordnung beseitigen zu wollen und zum "Heiligen Krieg" aufgerufen zu haben. Kaplan hat derzeit keine Aufenthaltserlaubnis mehr und ist in Deutschland nur noch geduldet.
Quelle: ntv.de