"Du bist ein toter Mann" Karadzic wehrt sich
27.07.2008, 17:56 UhrDer frühere bosnische Serbenführer Radovan Karadzic wehrt sich mit allen Mitteln gegen seine Auslieferung an das Kriegsverbrechertribunal in Den Haag. Sein Anwalt bemühte sich, die Überstellung seines wegen Kriegsverbrechen angeklagten Mandanten so lange wie möglich hinauszuzögern. Dabei sollte sogar das arbeitsfreie Wochenende helfen - so dass Karadzic erst Anfang der Woche in Den Haag eintreffen könnte. Die serbische Justiz hatte die Auslieferung von Karadzic schon in der Vorwoche beschlossen, der Einspruch dagegen sei "fristgerecht" erfolgt, sagte sein Bruder Luka Karadzic dem Sender "B92". Entsprechend werde das zuständige Gericht in Belgrad erst am Montag darüber befinden.
Karadzic war am vergangenen Montag nach zwölf Jahren auf der Flucht in Belgrad festgenommen worden. Unterdessen wurde bekannt, dass er aufgrund eines anonymen telefonischen Hinweises vom serbischen Geheimdienst (BIA) geortet und festgenommen wurde. Serbische Nationalisten setzten auch am Wochenende sowohl in Serbien, als auch in Bosnien ihre Proteste gegen die Festnahme von Karadzic fort, der von vielen als Held verehrt wird. Für Dienstagabend ist eine Großdemonstration der Karadzic-Anhänger, unterstützt von nationalistischen Parteien, in Belgrad angekündigt.
"Du wirst verrecken"
Nach der Karadzic-Festnahme erhielt der serbische Präsident Boris Tadic zahlreiche Morddrohungen. Die Staatsanwaltschaft leitete Ermittlungen gegen namentlich bekannte Täter ein, unter ihnen eine Funktionärin der extrem-nationalistischen Radikalen Partei. Die Sicherheitsmaßnahmen für Tadic, einige Minister und die zuständigen Staatsanwälte sind erhöht worden.
Die meisten Morddrohungen gingen per E-Mail im Tadic-Büro ein. "Boris, du bist ein toter Mann", "Du wirst wie (der 2003 ermordete Regierungschef Zoran) Djindjic enden", "Du hast das serbische Volk verraten und wirst dafür verrecken - wir machen keinen Spaß" oder "Mit dieser Festnahme hast du dein Todesurteil unterzeichnet" - so lauten die Drohbriefe, die aus Serbien und dem Ausland, vor allem aus der bosnischen Serbenrepublik, kommen.
"Fragen sie mich nichts, so hat es Karadzic angeordnet und es ist Teil seiner Verteidigungstaktik", erklärte Anwalt Svetozar Vujacic sein Schweigen über Ort und Zeitpunkt der Eingabe des Auslieferungs- Widerspruchs. Es wird erwartet, dass das zuständige Gericht den Einspruch von Karadzic umgehend abweist. Die darauf folgende Zustimmung des Justizministeriums gilt als Formsache, so dass Karadzic bis Mittwoch nach Den Haag gebracht werden könnte.
Beichte und Kommunion
Der 63-jährige Karadzic hat inzwischen in seiner Belgrader Gefängniszelle vom serbisch-orthodoxen Bischof Amfilohije die heilige Kommunion erhalten. Er habe gebeichtet und dem Bischof versichert, dass er schon 30 Jahre lang sein persönliches und professionelles Leben nach den "Geboten von Jesus Christus" führe, gab die serbische Kirche am Samstag bekannt.
Derweil wurde bekannt, dass in Bosnien gegen etwa hundert mutmaßliche Fluchthelfer von Karadzic ermittelt wird. Unter den Verdächtigten seien auch seine Frau und seine Kinder, wie die in Banja Luka erscheinende Zeitung "Nezavisne novine" berichtete.
Quelle: ntv.de