Politik

Moskaus lupenreine Straßen Kasparow festgenommen

Bei einer nicht genehmigten Oppositionskundgebung in Moskau hat die Polizei 170 Menschen festgenommen, unter ihnen den früheren Schachweltmeister Garri Kasparow, der zu den Organisatoren des Protestes gehört. "Wir gingen nur auf dem Bürgersteig und haben nicht gegen das Gesetz verstoßen", sagte Kasparow über Mobiltelefon dem Radiosender "Echo Moskwy". Laut seiner Anwältin ist gegen Kasparow Anklage erhoben worden, weil er in dem von der Stadtverwaltung verbotenen Protestzug regierungsfeindliche Parolen gerufen habe. Auch der frühere Regierungschef Michail Kasjanow und Vertreter westlicher Medien wurden festgenommen, jedoch kurze Zeit später wieder freigelassen.

Im Stadtzentrum beteiligten sich tausende Menschen an Gegendemonstrationen, die von kremlnahen Jugendorganisationen organisiert worden waren. Die Demonstranten prangerten einen Mangel an demokratischen Freiheiten unter Präsident Wladimir Putins Regierung an. Zudem forderten sie faire Präsidentenwahlen im kommenden Jahr. Nach Augenzeugenberichten gingen Polizisten im Umfeld des Puschkin-Platzes mit Schlagstöcken gegen Passanten vor. "Sie haben auch auf Großmütter und andere Rentner eingeschlagen", sagte der Parlamentsabgeordnete Wladimir Ryschkow dem Radiosender Echo Moskwy.

Kasjanow forderte auf der Oppositionsdemonstration faire Parlaments- und Präsidentenwahlen im kommenden Winter. "Wir erreichen einen Kurswechsel mit Wahlen. Aber es müssen ehrliche und freie Wahlen sein und nicht nur deren Nachahmung", sagte Kasjanow bei der Abschlusskundgebung auf dem Turgenjew-Platz in Moskau. Kurze Zeit später drängte die Polizei die etwa 1.000 bis 2.000 Zuhörer vom Platz und erklärte die Veranstaltung für beendet.

Die zu Tausenden ausgerückten Einsatzkräfte verhinderten allerdings größere Menschenansammlungen, indem sie die Protestierenden im Stadtzentrum sofort aufgriffen und in Bussen abtransportierten. Auch vier Reuters-Mitarbeiter, die über die Proteste berichten wollten, wurden vorübergehend festgenommen. "Die Behörden haben Angst vor ihren eigenen Bürgern und wollen nicht, dass diese Einfluss auf das Geschehen im Land nehmen", sagte Kasjanow, ein Anführer des Oppositionsbündnisses "Anderes Russland", das die Demonstration organisiert hatte.


Bereits am Morgen waren im Zentrum der Hauptstadt Hundertschaften im Einsatz gewesen, viele trugen Helme und kugelsichere Westen. Am Straßenrand standen zahlreiche gepanzerte Einsatzwagen. Die Polizei kontrollierte zudem Passanten. Der Moskauer Polizeisprecher Viktor Birjukow rechtfertigte das Vorgehen der Einsatzkräfte. Alle Beamten hielten sich streng an die russischen Gesetze, sagte Birjukow. Ein Sprecher der Moskauer Polizei sagte, die Beamten hätten erfolgreich eine illegale Demonstration verhindert. Insgesamt hätten 9000 Polizisten für Ordnung gesorgt.


Druck auf Oppositionelle

Bereits am Freitag nahm die Polizei nach Angaben Gegnern der Regierung dutzende Oppositionsanhänger fest, als sie Flugblätter verteilten oder sich auf den Weg nach Moskau machen wollten. Auch ein Sprecher der Gruppe "Nationale Bolschewisten" sagte, viele ihrer Anhänger würden mehrere Tage lang festgehalten. Die Polizei bestätigte keine dieser Maßnahmen.

Der Kreml bezeichnet die Regierungskritiker als Extremisten, die die politische Stabilität in Russland gefährden wollten. Außerdem beschuldigte das Parlament die USA, im Vorfeld der Wahlen in Russland radikale politische Gruppen zu unterstützen und dadurch das Land zu destabilisieren.
Die Duma -das russische Abgeordnetenhaus -verabschiedete am Freitag einen Antrag, der US-Regierungsvertretern vorwirft, an Veranstaltungen teilgenommen zu haben, die von "offen extremistischen Gruppierungen mitorganisiert" würden. "Unter dem Deckmantel der Förderung freier und fairer Wahlen wird das Geld der US-Steuerzahler benutzt, um zahlreiche Schulungen, Umfragen, Seminare und andere Veranstaltungen zu unterstützen, die tendenziöse Einschätzungen über die Situation in Russland verbreiten", hieß es weiter.

In Russland wird im Dezember 2007 ein neues Parlament und im März 2008 ein neuer Präsident gewählt. Putin stellt sich nach zwei Amtszeiten nicht mehr zur Abstimmung. Es wird aber erwartet, dass er seinen Favoriten für die Position rechtzeitig in Stellung bringt.

Quelle: ntv.de

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