Bruderkrieg im Gazastreifen Kassamraketen auf Israel
15.05.2007, 09:34 UhrBei den nach Monaten relativer Ruhe neu entbrannten Kämpfen zwischen den Palästinenserorganisationen Hamas und Fatah sind am Dienstag im Gazastreifen mindestens 16 Menschen getötet worden. Mindestens zehn der Getöteten waren Polizisten, die der Fatah-Organisation des Palästinenserpräsidenten Mahmud Abbas angehörten, wie aus Krankenhäusern verlautete. Zugleich feuerten Kämpfer der Hamas am Dienstag Raketen auf die israelische Grenzstadt Sderot. Dabei wurden 20 Israelis verletzt.
Auch am späten Abend schlugen erneut mehrere Raketen in der Stadt Sderot ein. Angesichts der angespannten Sicherheitslage beriet Verteidigungsminister Amir Perez mit ranghohen Militärs über das weitere Vorgehen. Israelische Medien berichteten, Israel erwäge eine militärische Reaktion auf die neuen Angriffe der Hamas. Die Luftwaffe habe als Warnung auf offene Gebiete im Gazastreifen geschossen, hieß es. Seit Vereinbarung einer Waffenruhe für den Gazastreifen im November hatte Hamas sich mit solchen Angriffen auf Israel weitgehend zurückgehalten.
Die Gefechte zwischen den rivalisierenden Palästinensergruppen waren ungeachtet von Aufrufen zu einer Waffenruhe aufgeflammt, nachdem am Morgen ein Hamas-Anführer einen Kontrollpunkt der Polizei durchbrechen wollte und erschossen wurde. Hamas-Kämpfer griffen darauf zwei Polizeiposten und einen Fahrzeugkonvoi an. Seit Sonntag sind bei dem neuen Ausbruch der Gewalt im Gazastreifen damit 26 Palästinenser getötet worden.
Bei einem Hamas-Raketenangriff auf ein palästinensisches Polizeifahrzeug, das zum Grenzübergang Karni unterwegs war, wurden am Dienstag nach Krankenhausangaben mindestens acht Polizisten getötet. Es war der blutigste Zwischenfall seit Ausbruch der Kämpfe. Hamas-Kämpfer hätten den Wagen aus einem Versteck angegriffen.
Bewaffnete Hamas-Mitglieder attackierten zudem einen nahe gelegenen Polizeiposten am Übergang Karni vom Gazastreifen nach Israel. Es habe Gefechte zwischen palästinensischen Polizisten und Hamas-Mitgliedern gegeben, verlautete aus palästinensischen Polizeikreisen. Israelische Soldaten erschossen einen bewaffneten Palästinenser. Es sei möglich, dass es sich um einen Polizisten handele, der sich vor der Hamas-Attacke habe retten wollen, sagte eine Armeesprecherin. Die Soldaten hätten ihn jedoch für einen Angreifer gehalten. Bei einem Feuerüberfall in Gaza wurde zudem ein Fatah-Offizier erschossen.
Unterdessen wurden hunderte bewaffnete Fatah-Kämpfer am Dienstag aus Ägypten in den Gazastreifen verlegt. Eine Sprecherin der EU-Beobachtermission am Grenzübergang Rafah bestätigte, dass die Männer in das Palästinensergebiet einreisten. Nach Angaben aus dem palästinensischen Geheimdienst handelt es sich um Palästinenser, die militärisch in Ägypten ausgebildet wurden. Sie sollten nun die Kräfte der Fatah in den Kämpfen gegen Hamas unterstützen.
Der EU-Außenbeauftrage Javier Solana verlangte von der Einheitsregierung der Palästinenser effektivere Sicherheitsmaßnahmen. Palästinenseraußenminister Ziad Abu Amr forderte während eines Treffens mit Solana am Dienstag mehr Geld, damit auch die Sicherheitslage verbessert werden könne.
Der jordanische König Abdullah II. warnte den israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert während eines Treffens in Jordanien eindringlich vor einer Eskalation des Nahost-Konflikts. Israel müsse alle Maßnahmen gegen die Palästinenser einstellen, die zu einer Verschärfung der Lage führen könnten, forderte der Monarch am Dienstag. Olmert bekundete seine Bereitschaft zu Treffen mit arabischen Staatsführern, ohne Vorbedingungen, wie er sagte.
Quelle: ntv.de