Kosten explodieren Kassen erhöhen Beiträge
24.06.2008, 14:18 UhrHöhere Kosten für Arzneimittel und höhere Löhne sind nach Einschätzung der Bundesregierung die Hauptgründe für die Beitragserhöhungen bei mehr als 20 der 217 gesetzlichen Krankenkassen zum 1. Juli. Laut Arzneimittelreport der Gmünder Ersatzkasse GEK führen vor allem teure Krebsmedikamente, zu viele Pillen für Rentner und überbordende Verschreibungen von Antibiotika an Kinder zu einer Ausgabe-Explosion bei Medikamenten. Zu den weiteren Gründen für die höheren Ausgaben zähle der übermäßige Einsatz neuer, teurere Mittel ohne wirklich höheren Nutzen.
Angesichts eines Ausgabenanstiegs von mehr als acht Prozent je Versichertem im vergangenen Jahr drohe der Arzneimittelsektor damit zum "Totengräber" der gesetzlichen Krankenversicherung zu werden, warnte GEK-Vorstandschef Rolf-Ulrich Schlenker. "Auf der anderen Seite nutzen die Kassen natürlich auch die derzeitige Situation, um sich neu aufzustellen", sagte Gesundheits-Staatssekretärin Marion Caspers-Merk (SPD) in Berlin. So wollten sich viele mit verbesserten Strukturen für erwarteten schärferen Wettbewerb rüsten. Auch in der forcierten Entschuldung bei betroffenen Kassen sieht Caspers-Merk einen Grund für Erhöhungen. Beitragssteigerungen seien aber nicht auf den Mechanismus des zum 1. Januar 2009 startenden Gesundheitsfonds zurückzuführen.
Großpackungen werden nicht benötigt
Kassenexperten forderten umgehend wirkungsvolle Instrumente im Kampf gegen die steigenden Arznei-Ausgaben. Die Verschreibung teurer neuer Arzneimittel ohne wirklichen Zusatznutzen müsse eingedämmt werden und die Verordnung zu hoher Mengen eines Mittels durch den Arzt bestraft werden, forderte der Bremer Gesundheitswissenschaftler Gerd Glaeske. Genau darin sieht Glaeske auch einen Grund für die stark gestiegenen Medikamentenkosten. Nachweislich hätten Ärzte zunehmend preiswerte Großpackungen verordnet, von denen ein Großteil ungenutzt bleibe. Der Experte sprach sich dafür aus, bei Rabattverträgen zwischen Kassen und Pharmafirmen Mengenprüfungen nicht komplett wegfallen zu lassen. Unnötige Verordnungsmengen der Ärzte müssten sanktioniert werden. Weitere Einsparungen böten sich bei neuen Präparaten ohne erkennbaren Zusatznutzen.
GKV nimmt Arbeit auf
Am 1. Juli nimmt der Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenversicherung GKV im Berliner Regierungsviertel seine Arbeit auf. Von da an will er Sprachrohr aller 217 gesetzlichen Kassen und ihrer Versicherten sein. Die neue Organisation ist ein politisches Experiment, denn die alten Verbände - etwa von AOK, BKK, IKK und Ersatzkassen - verlieren an Macht und Einfluss. Diese wollen jedoch nicht sang- und klanglos von der Bildfläche verschwinden.
Quelle: ntv.de