Gemütliche Castor-Tour nach Lubmin Kaum Proteste an der Strecke
16.02.2011, 19:26 Uhr
Nachwuchsdemonstranten begegnen den Verteidigern des Gesetzes auf einem Acker in Kräpelin bei Lubmin.
(Foto: dpa)
Der neuerliche Castor-Transport rollt quer durch Deutschland – auch kleinere Sitzblockaden und andere Aktionen von Atomkraftgegnern können ihn nicht aufhalten. Schließlich hatte die Polizei tausende Beamte im Einsatz.
Gesichert von einem massiven Polizeiaufgebot ist der Castor-Transport mit Atommüll fast ungehindert von Karlsruhe in Richtung Zwischenlanger Lubmin gerollt. Trotz zahlreicher Protestaktionen musste der Zug auf seinem Weg von Baden-Württemberg nach Mecklenburg-Vorpommern nur in Halle (Sachsen-Anhalt) außerplanmäßig für rund eine Stunde halten. Hier hatten sich zwei Atomkraftgegner von einer Eisenbahnbrücke abgeseilt. Die fünf Castoren sollten in der Nacht zu Donnerstag am Atommüll-Zwischenlager Lubmin ankommen, wo weitere Demonstrationen erwartet wurden.
Schon beim Start an der ehemaligen Wiederaufarbeitungsanlage in Karlsruhe blockierten mehrere hundert Atomkraftgegner in der Nacht zu Mittwoch die Gleise und wurden von der Polizei weggetragen. 310 Demonstranten wurden vorübergehend in Gewahrsam genommen. Sie werden wegen des Verstoßes gegen das Versammlungsrecht angezeigt. Gegen acht Protestierer wird außerdem wegen Widerstands gegen die Polizei sowie Beleidigung und Nötigung ermittelt. Ein Polizist erlitt eine Gehirnerschütterung durch einen Schlag eines Demonstranten.
Die ersten Kilometer bei Karlsruhe galten als besonders kritisch, da sie durch Wohngebiete führten. Mehr als 1000 Polizisten sicherten allein dort den Zug ab.
"Das ist kein Kavaliersdelikt"
Bei dem Protest auf einer Eisenbahnbrücke über die Saale bei Halle hatten zwei Männer Stahlseile auf die Gleise gelegt und sich daran in die Tiefe abgelassen, wie die Umweltschutzorganisation Robin Wood und die Polizei mitteilten. Der Zug hielt auf der Brücke an, weil er sonst das Leben der beiden Männer gefährdet hätte. Die Polizei rückte mit Spezialkräften aus und beendete die Aktion der Demonstranten, die nun mit einer Anzeige wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr rechnen müssen. "Das ist kein Kavaliersdelikt", sagte der Sprecher der Bundespolizei, Stefan Perschall.
Am Vormittag hatte der Zug die Landesgrenze zu Bayern passiert und fuhr nach Angaben der Polizei knapp zwei Stunden später nach Hessen. Bei Ronshausen im Kreis Hersfeld versuchten Demonstranten, den Castor aufzuhalten. Der Zug habe aber nicht wegen einer Gleisblockade länger halten müssen, sondern weil betriebsbedingt ein Signal auf Halt stand, erklärte die Polizei. Die Beamten brachten mehrere Demonstranten von den Gleisen fort.
Zur weiteren genauen Wegstrecke machte die Polizei wie bei Castor-Transporten üblich keine genauen Angaben. Es wurde aber erwartet, dass der Zug über Halle und Magdeburg ins Land Brandenburg rollt und dann die Grenze nach Mecklenburg-Vorpommern passiert.
"Atomsuppe" in Gläsern
In den fünf Castoren sind 56 Tonnen radioaktiver Abfall aus der vor zwei Jahrzehnten stillgelegten Wiederaufarbeitungsanlage. Der früher als "Atomsuppe" bezeichnete stark strahlende Müll wurde verglast, um ihn transportfähig zu machen.
Die Castor-Gegner stören sich daran, dass der Atommüll aus Baden-Württemberg nicht auch dort gelagert wird. Nach ihrer Ansicht muss der strahlende Abfall in dem Bundesland bleiben, in dem er anfällt. Ihr Hauptanliegen ist jedoch, dass keine Energie mehr aus Atomkraft produziert wird.
Quelle: ntv.de, dpa