Politik

Demonstranten "Feinde Gottes" Kaum Proteste in Teheran

Ein Bild von der Website Demotix zeigt einen Luftballon, der über Teheran fliegen soll.

Ein Bild von der Website Demotix zeigt einen Luftballon, der über Teheran fliegen soll.

(Foto: Reuters)

Auf dem Behescht-e-Sahra-Friedhof im Süden Teherans haben sich nur einige kleine Gruppen von Demonstranten am Grab von Neda versammelt. Neda war bei einer Demonstration gegen das Wahlergebnis erschossen worden. Ein hochrangiger Politiker fordert unterdessen die Todesstrafe für Oppositionelle.

Zwei Wochen nach der Präsidentschaftswahl im Iran sind die Proteste gegen das Wahlergebnis praktisch zum Erliegen gekommen. Nach dem gewaltsamen Vorgehen der Sicherheitskräfte gegen Demonstranten versammelten sich am Freitag nur einige wenige Menschen auf einem Friedhof in Teheran, um Kerzen für die getötete Studentin Neda anzuzünden.

Überall auf der Welt (Foto: Frankreich) gedenken die Menschen Neda und der anderen Opfer im Iran.

Überall auf der Welt (Foto: Frankreich) gedenken die Menschen Neda und der anderen Opfer im Iran.

(Foto: Reuters)

Der mächtige Wächterrat wies die Vorwürfe des Wahlbetrugs bei der umstrittenen Abstimmung erneut zurück. Er könne mit Gewissheit sagen, dass es bei der Wahl keinen Betrug gegeben habe, erklärte Wächterrats-Sprecher Abbas Ali Kadchodai laut der amtlichen Nachrichtenagentur IRNA. Untersuchungen hätten gezeigt, dass es nur "kleine Unregelmäßigkeiten" gegeben habe, "die es bei jeder Wahl gibt". Die jüngste Präsidentenwahl sei sogar die "sauberste" Wahl in der Geschichte der Islamischen Republik gewesen, sagte Kadchodai. Oppositionsführer Mir Hussein Mussawi hatte wegen Betrugsvorwürfen eine Annullierung der Wahl gefordert.

Wenige Demonstranten an Nedas Grab

Seit den blutigen Zusammenstößen vom vergangenen Wochenende waren mögliche Demonstrationen von den iranischen Sicherheitskräften im Keim erstickt worden. Auch am Freitag waren Kundgebungen der Opposition weiter verboten.

Auf dem Behescht-e-Sahra-Friedhof im Süden Teherans versammelten sich nur einige kleine Gruppen von Demonstranten am Grab der Studentin Neda Agha-Soltan, die bei den Protesten gegen die Wahlergebnisse erschossen wurde. Ursprünglich hatten Anhänger Mussawis angekündigt, Tausende Luftballons mit der Aufschrift "Neda, Du wirst immer in unseren Herzen bleiben" aufsteigen zu lassen.

Die Bilder der sterbenden jungen Frau haben aus der Studentin ein Symbol für den Widerstand gemacht.

Die Bilder der sterbenden jungen Frau haben aus der Studentin ein Symbol für den Widerstand gemacht.

(Foto: AP)

Im Internet kursierende Bilder der sterbenden jungen Frau haben aus der Studentin eine Symbolfigur für den Widerstandskampf im Iran gemacht. Der Arzt Arasch Hedschasi machte am Freitag die islamische Bassidsch-Miliz für Nedas Tod verantwortlich. Die umstehenden Menschen hätten nach den tödlichen Schüssen einen Mann auf einem Motorrad gestellt, sagte Hedschasi der BBC. Sie hätten seinen Ausweis genommen und Fotos gemacht, ihn aber später laufen lassen.

Banisadr glaubt an Erfolg

Trotz der neuen Rückschläge glaubt der frühere iranische Präsident Abdulhassan Banisadr weiter an einen Erfolg der Protestbewegung. "Wir stehen am Anfang vom Endes dieses Regimes", sagte Banisadr dem Deutschlandfunk. Das Volk werde als Sieger aus dem Konflikt hervorgehen.

Der unterlegene Präsidentschaftskandidat Mohsen Resai kündigte an, er werde die Oppositionsbewegung weiter unterstützen. Auch wenn er seine offizielle Beschwerde gegen die Ergebnisse der Wahl vom 12. Juni zurückgezogen habe, wolle er weiter gegen die "Ungerechtigkeiten" kämpfen, hieß es auf der Internetseite "Tabnak".

Hochrangiger Politiker fordert Todesstrafe für Oppositionelle

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(Foto: dpa)

Der einflussreiche Geistliche Ahmed Chatami forderte für die Anführer der Proteste die Todesstrafe. "Ich will, dass die Justiz die Rädelsführer hart und ohne Gnade bestraft, um allen eine Lektion zu erteilen", sagte er beim Freitagsgebet in Teheran. "Nach islamischem Recht muss derjenige, der gegen den islamischen Staat kämpft, als Mohareb bestraft werden." Einem solchen "Feind Gottes" droht die Todesstrafe.

Der Geistliche gilt als Hardliner und Vertrauter von Präsident Mahmud Ahmadinedschad, dessen umstrittene Wiederwahl vor zwei Wochen die Massenproteste im Iran ausgelöst hatte. Chatami gehört der Expertenversammlung an, die die Macht hat, den Obersten Führer Ajatollah Ali Chamenei abzuwählen. Die Versammlung hat noch nie einen solchen Versuch unternommen. Dass ihr Vorsitzender, der Mussawi-Verbündete Akbar Haschemi Rafsandschani, den radikalen Schritt wagt, ist unwahrscheinlich. Er ist nicht verwandt mit dem früheren Präsidenten Mohammed Chatami, der dem Lager der Reformer angehört.

Chatami reagierte während des Freitagsgebets auch auf die Berichte über den Tod von Neda Agha-Soltan, die durch eine Videosequenz zu einer Ikone der iranischen Protestbewegung geworden war. Die Frau sei bewusst von Demonstranten erschossen worden, um Propaganda gegen das Regime machen zu können. "Sie wurde getötet, damit jemand wie (US-Präsident Barack) Obama Krokodilstränen vergießen kann", sagte der Ajatollah.

Quelle: ntv.de, dpa/rts/AFP

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