"Dumpfer Reformunwille" Kein Umweltgesetzbuch
01.02.2009, 14:13 UhrDas geplante Umweltgesetzbuch, in dem die bislang verstreuten umweltrechtlichen Regelungen zusammengefasst werden sollten, ist nach Angaben von Bundesumweltminister Sigmar Gabriel endgültig gescheitert. "Es wird in Deutschland weiterhin kein einfaches, transparentes und unbürokratisches Umweltrecht aus einem Guss geben", teilte der SPD-Politiker in Berlin mit. Der bereits innerhalb der Bundesregierung abgestimmte Gesetzentwurf seines Ministeriums könne nicht mehr ins Gesetzgebungsverfahren eingebracht werden, nachdem ein letzter Einigungsversuch mit Bayern erfolglos geblieben sei.
Er habe sich vergangene Woche in einem Gespräch mit dem bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer (CSU) nochmals kompromissbereit gezeigt und weitere substanzielle Änderungen angeboten. Mit dem Angebot einer Klausel, die den Ländern eine Herausnahme der besonders strittigen wasserrechtlichen Zulassung aus dem neuen Recht gestattet hätte, sei er "an die Grenze des nach dem Koalitionsvertrag noch Vertretbaren gegangen", betonte Gabriel. "Aber auch diesen letzten Einigungsversuch hat die Union zurückgewiesen."
Die CSU habe weiterhin darauf bestanden, dass die Bundesländer das Recht erhalten sollen, weiter mit den bisherigen Genehmigungsverfahren zu arbeiten. "Das wäre ein völlig unkalkulierbares bürokratisches Monster geworden." Deshalb habe er nun "die Reißleine ziehen müssen", bedauerte Gabriel. "In der Konsequenz kann der umfangreiche, innerhalb der Bundesregierung bereits abgestimmte Gesetzentwurf des Bundesumweltministeriums nicht mehr ins Gesetzgebungsverfahren gebracht werden."
Seehofer stellt Merkel ein Bein
Damit sei ein Projekt, das die heutige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in ihrer früheren Funktion als Bundesumweltministerin selbst auf den Weg gebracht habe, "an dumpfem Reformunwillen und blinder Blockadepolitik der Union gescheitert", kritisierte der SPD-Politiker. Gabriel hatte sich am vergangenen Montag auf Bitten von Merkel mit Seehofer in München getroffen, um das ehrgeizige Vorhaben zu retten.
"Mit ihrem völlig unverständlichen Widerstand erweist sich die Union in der Umweltpolitik als unberechenbar und unverlässlich", so Gabriel. Das Scheitern des Umweltgesetzbuches "hinterlässt Zweifel an den Führungsfähigkeiten Angela Merkels: Sie hatte nicht die Kraft, die gemeinsamen Überzeugungen innerhalb der Union und gegen eine isolierte CSU durchzusetzen".
Hauptstreitpunkt war eine Genehmigung von Anlagen aus einer Hand. Bislang müssen Unternehmen bei verschiedenen Behörden oft mehrere Umweltgenehmigungen einholen, etwa in Sachen Lärm-, Gewässer- und Naturschutz. Die geplante "Integrierte Vorhabengenehmigung" lehnt die Union und insbesondere die CSU ab. Der bayerische Umweltminister Markus Söder (CSU) hatte noch am Samstag in der "Berliner Zeitung" betont: "Wir stimmen dem Umweltgesetzbuch nur zu, wenn der neue Verfahrensteil wegfällt."
Gabriel warf der Union vor, mit ihrem Veto der Wirtschaft und der Umwelt gleichermaßen zu schaden. "Gerade in Zeiten wie diesen braucht die Wirtschaft Erleichterungen für Investitionen und Abbau von bürokratischen Hindernissen." Vor allem für kleine und mittlere Unternehmen sowie für Behörden hätte das Umweltgesetzbuch Erleichterungen gebracht. Die Neuordnung des deutschen Umweltrechts wurde im Koalitionsvertrag vom 11. November 2005 beschlossen. Der Bund hatte 2006 mit der Föderalismus-Reform die notwendigen Gesetzgebungskompetenzen erhalten.
Quelle: ntv.de