Der Fall Öcalan Kein fairer Prozess
12.03.2003, 13:16 UhrDer inhaftierte PKK-Chef Abdullah Öcalan hatte in der Türkei keinen fairen Prozess. Das entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg. Dem 53-jährigen Kurdenführer nicht sofort nach der Anklage Zugang zu einem Anwalt gewährt worden. Außerdem sei das türkische Gericht durch die Anwesenheit eines Militärrichters nicht unabhängig gewesen, so das Urteil der Richter. Zudem beanstandete das Gericht die Todesstrafe, die zunächst gegen den Vorsitzenden der kurdischen Arbeiterpartei PKK verhängt worden war. Die Richter sprachen Öcalan eine Entschädigung von 100000 Euro für die Prozesskosten zu.
Abdullah Öcalan war 1999 zum Tode verurteilt worden. Er soll den 15-jährigen Aufstand der Kurden gegen die Türkei angeführt haben, der rund 37.000 Menschen das Leben kostete. Die Strafe war im vergangenen Jahr in lebenslange Haft ungewandelt worden, nachdem die Türkei die Todesstrafe abgeschafft hatte. Der PKK-Führer war von türkischen Sicherheitskräften in Kenia festgenommen und in die Türkei gebracht worden. In diesem Vorgehen sah der Gerichtshof keinen Verstoß gegen die Menschenrechtscharta. Derzeit ist Öcalan der einzige Häftling auf der Gefängnisinsel Imrali.
Erste Reaktion aus der Türkei
Die türkische Regierung sieht in der Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte keinen Anlass für Überlegungen, das Verfahren wieder aufzunehmen. Von einer jüngst verabschiedeten Gesetzesänderung, wonach Urteile des Straßburger Gerichtshofes eine Wiederaufnahme vor einem türkischen Gericht ermöglichen, sei Öcalan ausgenommen, weil er vor der Verabschiedung des Gesetzes zur Todesstrafe verurteilt worden war. Das sagte der türkische Außenminister Yasar Yakis am Mittwoch.
Ein neuer Prozess gegen den PKK-Vorsitzenden in der Türkei würde zum gleichen Urteil führen, so Yakis. „Selbst wenn die Formfehler behoben und neu verhandelt würde, käme die Strafe in etwa auf dasselbe hinaus“, sagte der Außenminister. Öcalan habe den Tod von tausenden Menschen verursacht. An dieser Tatsache ändere sich nichts.
Quelle: ntv.de