Politik

TV-Duell in Frankreich Kein klarer Gewinner

Aus dem Fernsehduell zwischen den beiden französischen Präsidentschaftskandidaten ist nach Ansicht von Experten kein eindeutiger Gewinner hervorgegangen. "Ich denke nicht, dass einer der beiden das jeweils andere Lager überzeugen konnte", sagte etwa die Politik-Kommentatorin Anita Hausser von LCI TV nach der ersten und einzigen Debatte dieser Art. Sowohl die Sozialistin Sgolne Royal als auch der konservative Favorit Nicolas Sarkozy hätten in erster Linie ihre jeweils eigene Wählerschaft erreicht.

Es habe zwei Gewinner gegeben, sagte der in Frankreich bekannte Wahlexperte Christophe Barbier vom Nachrichtenmagazin "L'Express". Keiner der Kandidaten sei dem anderen in die Falle gegangen. Sarkozy habe sich nicht aus der Ruhe bringen lassen und Royal habe es geschafft, nicht inkompetent rüber zu kommen.

Vertreter der jeweiligen Lager erklärten ihre Kandidaten freilich ohne zu zögern zum Sieger. "Das wird sich gut auswirken und Leute, die bisher zögerten, dazu bringen, noch einmal nachzudenken -insbesondere diejenigen, die vielleicht glauben, dass Frankreich noch nicht so weit ist, eine Frau zur Präsidentin zu machen", sagte Jean-Marc Ayrault, einer der führenden Sozialisten. Verteidigungsministerin Michele Alliot-Marie sagte dagegen, Sarokozy habe sich klar als der Überlegene gezeigt.

In einer aktuellen Umfrage der Zeitung "Le Figaro" und des Nachrichtensenders LCI nach der Debatte lag Sarkozy vorn. 53 Prozent der von dem Institut Opinionway befragten Franzosen sagten, der ehemalige Innenminister sei aus ihrer Sicht "überzeugender" gewesen. 31 Prozent nannten die linke Bewerberin, 16 Prozent sprachen sich für keinen der beiden aus.

Vier Tage vor der Wahl lieferten sich die Sozialistin Royal und der konservative Sarkozy einen heftigen Schlagabtausch. Royal warf dem früheren Innenminister einen "Gipfel an politischer Immoralität" bei der Behandlung von Behinderten vor, woraufhin Sarkozy der Rivalin vorhielt, "die Nerven zu verlieren." In der mehr als zweieinhalbstündigen Fernsehdebatte vor vielen Millionen Zuschauern gerieten die beiden Kandidaten für die Nachfolge von Jacques Chirac wiederholt massiv aneinander.

Die offensive, in den Umfragen zurückliegende Sozialistin griff Sarkozy vor allem bei den Themen der inneren Sicherheit, der Arbeitsmarktpolitik, der Zahl der Staatsbediensteten und der Sozialpolitik an. Sie warf ihm vor allem fehlende Glaubwürdigkeit vor, weil Sarkozy seit 2002 der konservativen Regierung angehört hat.

Sarkozy seinerseits vermisste bei der Rivalin Präzision in den Aussagen. "Wenn Sie von allem gleichzeitig reden, werden wir nichts vertiefen können", kritisierte er. "Würden Sie mir wohl bitte die Verantwortung für das überlassen, was ich sage", entgegnete ihm Royal. Sie forderte Sarkozy strikt auf, sie ausreden zu lassen.

Royal machte den ehemaligen Innenminister trotz seiner seit 2002 propagierten "Null-Toleranz"-Politik mitverantwortlich für die nach ihrer Einschätzung negativen Bilanz der Regierung im Kampf gegen Gewalt. Sarkozy dagegen verwies auf zehn Prozent weniger Kriminalität in den vergangenen fünf Jahren. Während Royal die von der früheren linken Regierung unter Lionel Jospin eingeführte 35-Stunden-Woche als eine "wichtige soziale Errungenschaft" verteidigte, nannte Sarkozy diese Arbeitszeitverkürzung eine allgemeine Katastrophe für die Wirtschaft.

Nach einer Losentscheidung eröffnete Sarkozy das TV-Duell, Royal beendete das traditionelle Aufeinandertreffen der Bewerber vor der Stichwahl. Internationale Fragen folgten erst ganz am Schluss. Nur 2002 hatte es vor der Wahl kein TV-Duell gegeben, weil Chirac nicht mit dem rechtsextremen Rivalen Jean-Marie Le Pen diskutieren wollte.

Sarkozy hatte die Bedeutung des TV-Duells mit Royal vor dem Auftritt heruntergespielt. "Ich glaube nicht, dass die Franzosen nur nach dem Eindruck einer zweistündigen Debatte einen Präsidenten für fünf Jahre wählen", sagte er im Rundfunk. Dagegen meinte der Chef der Sozialistischen Partei (PS), Franois Hollande, es handele sich um die wichtigste Debatte seit 1981, als Franois Mitterrand wertvolle Punkte für den Sieg über Valry Giscard d'Estaing verbuchen konnte.

Mehr als 20 Millionen Franzosen verfolgten das Duell. Die tatsächliche Zahl der Fernsehzuschauer dürfte noch weit höher gewesen sein, weil vor allem auch Informationssender das Fernsehduell in ihr Programm aufgenommen hatten. Mit der Stichwahl am kommenden Sonntag in Sichtweite wollten beide Kandidaten die Millionen noch unentschlossenen Wähler auf ihre Seite ziehen. Alle Umfragen seit der ersten Wahlrunde am 22. April sahen den ehemaligen Innenminister vorn. Chiracs Nachfolger wird für fünf Jahre gewählt.

Quelle: ntv.de

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