Warnstreiks allerorten Kein öffentlicher Dienst
16.12.2002, 00:06 UhrIm Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes hat die Warnstreikwelle am Montag den ersten Höhepunkt erreicht. Schwerpunkte waren die Bundesländer Hessen, Bayern, Berlin und Brandenburg. In zahlreichen Städten brach am Montagmorgen der öffentlichen Nahverkehr zusammen.
Die Gewerkschaft ver.di machte deutlich, dass sie in der zweiten Verhandlungsrunde an diesem Mittwoch in Kassel auf eine Entscheidung dringen will. „Diese Woche fällt die Entscheidung“, sagte das Mitglied der ver.di-Bundestarifkommission, Klaus Schörnich, am Montag in Düsseldorf.
Neben dem Nahverkehr waren am Montag auch andere Bereiche des öffentlichen Lebens wie Stadtverwaltungen, Kindertagesstätten und die Müllabfuhr von Warnstreiks betroffen.
In weiten Teilen Hessens und Bayerns, sowie in Berlin und Brandenburg blieben am Morgen U-Bahnen, Busse und Straßenbahnen in den Depots. Pendler mussten erhebliche Behinderungen hinnehmen. Nach Gewerkschaftsangaben reagierten sie jedoch überwiegend gelassen.
Auch bei der Müllabfuhr gab es in Teilen Baden-Württembergs, in Cottbus und anderen Regionen Arbeitsniederlegungen. In Berlin gingen nach Angaben der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) rund 5.000 Erzieher für ein höheres Angebot der Arbeitgeber auf die Straße.
Im Tagesverlauf sollte es wie in Hessen weitere Warnstreiks in Hochschulen, Krankenhäusern, und Stadtverwaltungen geben.
Start am Morgen
Die Warnstreiks bei Bussen und Bahnen begannen schon in der Nacht. In Frankfurt blieben zwischen 4.00 und 7.00 Uhr alle Busse, Straßenbahnen und U-Bahnen in den Depots. ver.di-Sprecher Frank Steibli sprach von einer „sehr guten Resonanz“ auf Seiten der Beschäftigten. In München verkehrten seit dem Morgen keine U-Bahnen und Straßenbahnen, 60 Prozent aller Busse blieben stehen. Zwar seien viele Fahrgäste auf Autos umgestiegen, dennoch kam es nicht zum Verkehrschaos. In Brandenburg beteiligten sich nach ver.di-Angaben rund 600 Beschäftigte des Personennahverkehrs, der Müllentsorgung und an Wasserstraßen.
Weitere Streiks am Dienstag
Am Dienstag will die Gewerkschaft ihre Gangart verschärfen. So sollen allein in den Bundesländern Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen knapp 50.000 Beschäftigte in den Streik einbezogen werden und damit mehr als doppelt so viele wie am Montag. Zusätzlich werden die Warnstreiks in anderen Bundesländern fortgesetzt.
Verspätungen an Flughäfen
An den Flughäfen Frankfurt und München wird es wegen eines Warnstreiks am Dienstag voraussichtlich zu Flugausfällen und Verspätungen kommen.
Ziel sei es, den Frankfurter Flughafen in den Morgenstunden zeitweise lahmzulegen, teilte die Gewerkschaft Verdi am Montag mit. Rund 2.000 Sicherheitsleute, Beschäftigte des Bodenpersonals und der Flughafen-Feuerwehr würden für ihre Forderung nach einer mindestens dreiprozentigen Einkommenserhöhung in den Ausstand treten. Auch am Münchner Flughafen wurden Flugausfälle und Verspätungen erwartet.
Um die Sicherheit ankommender Flugzeuge nicht zu gefährden, werde die Flughafen-Feuerwehr mit einer Notbesetzung weiterarbeiten, kündigte Verdi an.
Lufthansa contra Streiks
Die Lufthansa hat ver.di-Chef Frank Bsirske aufgefordert, die angekündigten Warnstreiks am größten deutschen Flughafen in Frankfurt noch zu stoppen. „Bitte wenden Sie Schaden in Millionenhöhe und schwerste Beeinträchtigungen für Geschäftsreisende und Urlauber im Vorweihnachtsverkehr ab“, heißt es in einem Brief des Vorstands von Montag an Bsirske. Die Lufthansa drohe sonst als Nichtbeteiligter im Tarifkonflikt des Öffentlichen Dienstes zum Hauptgeschädigten zu werden. Der ver.di-Chef ist auch stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender der Lufthansa.
Forderungen und Drohungen
ver.di fordert Einkommenserhöhungen von mehr als drei Prozent für die rund drei Millionen Arbeiter und Angestellten im öffentlichen Dienst. Die Arbeitgeber verlangen eine Nullrunde.
Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hatte am Wochenende vor einem massiven Stellenabbau für den Fall eines "zu hohen" Abschlusses im öffentlichen Dienst gewarnt. "Noch mehr Arbeitslosigkeit mit allen fatalen Folgen " sei die Konsequenz von Lohnerhöhungen, wie sie die Gewerkschaft ver.di fordere, schrieb Schily in einem Beitrag für die "Bild am Sonntag".
Quelle: ntv.de