Südkorea trainiert sein Militär Keine Deeskalation
31.05.2010, 10:17 UhrDer Untergang der Corvette "Cheonan" hat zwischen Nord- und Südkorea eine neue Eiszeit ausgelöst. Während in Südkorea Soldaten den Kampf gegen den Norden üben, rechnet Pjöngjang niemand wirklich mit Krieg.
Nahe der Grenze zu Nordkorea hat das südkoreanische Militär eine groß angelegte Übung begonnen. Mehrere Divisionen mit tausenden Soldaten waren nach Armeeangaben im Bezirk Hwacheon, unmittelbar südlich der Grenze zum Norden, im Einsatz.
Sie wurden begleitet von mehreren Kampfhubschraubern, rund 50 Panzern und zahlreichen gepanzerten Fahrzeugen. Mit der Übung sollte eine mögliche militärische Reaktion auf einen etwaigen Angriff aus dem Norden geprobt werden.
Die Spannungen zwischen Seoul und Pjöngjang hatten sich nach dem Untergang des südkoreanischen Kriegsschiffs "Cheonan" Ende März verschärft, bei dem 46 Soldaten getötet worden waren. Laut einer Untersuchung internationaler Experten wurde die Korvette von einem nordkoreanischen U-Boot mit einem Torpedo beschossen. Nordkorea wies eine Verwicklung in den Vorfall wiederholt zurück.
Nordkorea rechnet nicht mit Krieg
Ungeachtet der Verschärfung des Konflikts mit Südkorea rechnet man in Nordkorea nach dem Eindruck des deutschen Außenpolitikers Johannes Pflug nicht mit einem Krieg. "Wir haben bei unserem Besuch im Land selbst und in der Stadt (Pjöngjang) Normalität festgestellt", sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete nach einem mehrtägigen Aufenthalt in dem kommunistischen Land der Nachrichtenagentur dpa in Seoul. "In der Bevölkerung war völlig normaler Alltag; auch war nichts zu sehen von einer Mobilmachung."
Auch von seinen Gesprächspartnern des Regimes sei die Frage, ob sie die Gefahr eines Kriegs sähen, verneint worden, sagte Pflug, der in den vergangenen Tagen in der nordkoreanischen Hauptstadt unter anderem Gespräche im Zentralkomitee der Arbeiterpartei und mit dem Präsidenten der Obersten Volksversammlung (Parlament), Choe Tae Bok, geführt hatte. Sie hätten allerdings betont, dass Nordkorea zu einem Krieg bereit sei. Auch räumte Pflug ein, dass seine Ansprechpartner aus der "oberen mittleren Ebene" nicht wirklich ausreichend darüber informiert sein könnten, wie weit es Vorbereitungen dazu gibt.
"Sie geben natürlich Südkorea die Schuld für die Verschärfung der Situation", sagte Pflug unter Hinweis auf den Konflikt um die Versenkung eines südkoreanischen Kriegsschiffes im März. Dadurch, dass das Nachbarland ihnen die Schuld am Untergang des Schiffes gebe, sähen sich die Nordkoreaner "in die Ecke gestellt". Nordkorea selbst bestreitet die Vorwürfe, das Schiff versenkt zu haben und drohte für den Fall von Sanktionen mit Krieg.
Einreise für Ermittler?
Er selbst habe seine Gesprächspartner gefragt, ob es nicht besser gewesen wäre, nicht sofort die Kriegsrhetorik so hochzutreiben, sagte Pflug. "Eine direkte Antwort haben wir nicht bekommen." Pflug unterstützte die Forderung Nordkoreas, dass Südkorea Ermittler aus dem Nachbarland einreisen lassen solle, um sich selber ein Bild von dem Untersuchungsbericht zum Schiffsuntergang zu machen. "Parallel ist es erforderlich, vorher schon eine Linie einzuziehen, über die die Eskalation nicht hinausgehen darf", schlug er vor. Durch eine Deeskalationsstrategie solle man versuchen, auch rhetorisch abzurüsten.
Trotz des erklärten Abbruchs der Beziehungen zu Südkorea will Nordkorea nach den Angaben Pflugs an den Abkommen der beiden bisher einzigen innerkoreanischen Gipfeltreffen im Juni 2000 und im Oktober 2007 festhalten. "Das ist für sie weiter die Basis für Gespräche mit Südkorea." Vorher wolle Nordkorea einen Friedensvertrag und einen Nicht-Angriffspakt mit den USA.
Quelle: ntv.de, dpa