Politik

Messerattacke auf Rabbi Keine heiße Spur

Drei Tage nach der Messerattacke auf einen Rabbiner der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt am Main hat die Polizei noch keine heiße Spur von dem Täter. Auch die Veröffentlichung eines Phantombilds brachte zunächst keine verwertbaren Hinweise ein. Die Staatsanwaltschaft verdoppelte die ausgesetzte Belohnung von 2.000 auf 4.000 Euro. Kein Zweifel besteht mehr an einem antisemitischen Hintergrund der Tat. Nach Zeugenaussagen rief der arabisch aussehende junge Mann "Scheiß-Jude, ich bring dich um", bevor er dem 42-jährigen Geistlichen in den Bauch stach.

Politiker und Religionsführer äußerten Entsetzen über die bislang im Nachkriegsdeutschland einmalige Tat. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde in Frankfurt, Salomon Korn, sprach von einem Einzelfall und äußerte die Hoffnung, dass sich die Beunruhigung der Gemeindemitglieder wieder legen werde, wenn der Täter gefasst sei. Der hessische Innenminister Volker Bouffier besuchte den Rabbiner im Krankenhaus. Er versicherte, dass alle Anstrengungen unternommen werden, um des Täters habhaft zu werden.

Die hessische SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti sagte in Wiesbaden, die hinterhältige Tat sei schockierend. "Sie ist auch ein Anschlag auf das friedliche Miteinander der Religionen und richtet sich gegen religiöse Toleranz."

Dem Rabbiner geht es nach seiner Notoperation inzwischen wieder besser. Er wird aber wegen der rund zehn Zentimeter großen Stichwunde noch einige Tage im Krankenhaus bleiben. Die Fahndung nach dem Täter läuft mit Hochdruck und rund um die Uhr, wie Polizeisprecher Manfred Feist sagte. Der unzweifelhaft antisemitische Ausruf des Angreifers ist der Polizei nach seinen Angaben erst im Laufe des Sonntags bei weiteren Zeugenvernehmungen bekannt geworden. Reges Interesse hat die Polizei an Aussagen der beiden Frauen, die den Täter am Freitagabend begleitet hatten, nach dessen Angriff auf den Rabbiner aber sofort ohne ihn wegliefen. Ihre Reaktion sei ein Indiz dafür, dass sie sich keineswegs mit dessen Verhalten identifizierten. Sie würden daher als wichtige Zeuginnen und keineswegs als Beschuldigte gesucht, betonte der Polizeisprecher.

Nach seinen Worten ist der Täter nach neueren Beschreibungen möglicherweise jünger als 20, höchstens aber 25 Jahre alt. Er hatte den Rabbiner zunächst in einer Fremdsprache - möglicherweise Arabisch - angesprochen und dann auf offener Straße mit dem Messer verletzt.

Auf eine geplante Tat gibt es nach Einschätzung von Polizei und Staatsanwaltschaft keine Hinweise. Nichts deute darauf hin, dass der Angriff geplant war, sagte die Sprecherin der Frankfurter Staatsanwaltschaft, Doris Möller-Scheu. "Es war eine zufällige Begegnung auf der Straße." Der jüdische Geistliche sei an seiner Kleidung zu erkennen gewesen und deshalb attackiert geworden

Alte Wunden aufgerissen

Im Hessischen Rundfunk sagte Korn, der auch Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland ist, mehr Schutz halte er nicht für nötig, weil er von einem Einzelfall ausgehe. Er räumte aber ein, dass die Tat gerade bei älteren Gemeindemitgliedern alte Narben und Wunden wieder aufgerissen habe. Vieles hänge jetzt davon ab, wie Gesellschaft und Politik in der Stadt reagierten, aber da sei er sehr zuversichtlich. Die Messerattacke sei alles andere als typisch für Frankfurt.

Der Publizist Michel Friedman forderte die Juden in Deutschland auf, sich nach der Attacke nicht zu verstecken, sondern "im Gegenteil selbstbewusst die jüdische Identität zu leben". Der ehemalige Vizepräsident des Zentralrats der Juden sagte der "Hessischen/Niedersächsischen Allgemeinen", alles andere wäre ein Nachgeben gegenüber dem Hass.

Quelle: ntv.de

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