Heikle Mission in Pakistan Kerry verteidigt Bin-Laden-Aktion
16.05.2011, 16:33 UhrEine heikle Mission wartet auf US-Senator Kerry: In Pakistan soll er die Verstimmungen seit der Tötung von Terrorchef Bin Laden klären. Die "extreme Geheimhaltung" verteidigt er jedoch. Es sei um das Leben der Beteiligten gegangen, sagt er. US-Verteidigungsminister Gates will derweil die Truppen nicht schneller aus Afghanistan abziehen.
Zwei Wochen nach der Tötung von Al-Kaida-Chef Osama bin Laden hat der einflussreiche US-Senator John Kerry bei einem Besuch in Pakistan die amerikanische Geheimoperation in dem Land verteidigt. Die "extreme Geheimhaltung" sei notwendig gewesen, um das Leben der Beteiligten zu schützen und den Erfolg des Vorhabens im nordpakistanischen Abbottabad sicherzustellen, sagte Kerry in Islamabad. Selbst in den USA sei nur eine Handvoll hochrangiger Regierungsvertreter informiert gewesen.
Die US-Operation in der Nacht zum 2. Mai hat in Pakistan vehemente Kritik ausgelöst und die Beziehungen zwischen Washington und Islamabad schwer belastet. Kerry sagte, er bitte alle Pakistaner um Verständnis. Nachdem Bin Laden Ende 2001 die Flucht aus Afghanistan gelungen sei, hätte sich kein US-Präsident leisten können, den Top-Terroristen erneut entkommen zu lassen. Er selber habe erst von der Operation erfahren, als Bin Laden bereits getötet worden sei.
Beziehungen "wieder auf Kurs bringen"
"Es ist nicht das Ziel meiner Reise, mich für etwas zu entschuldigen, was ich für einen Triumph über den Terrorismus von beispielloser Konsequenz halte", sagte Kerry. Ziel sei, die "wichtige Beziehung" zwischen beiden Ländern wieder auf Kurs zu bringen.
Pakistans Premierminister Yousuf Raza Gilani teilte nach einem Treffen mit dem Senator mit, sein Land wünsche sich statt unangebrachter Kritik die "gebührende Anerkennung und Unterstützung der internationalen Gemeinschaft und besonders der Vereinigten Staaten" für den Beitrag im Kampf gegen den Terrorismus. Pakistan ist in die Defensive geraten, weil Bin Laden jahrelang unbehelligt dort leben konnte.
Das pakistanische Parlament hatte die US-Militäroperation in Pakistan als schwere Verletzung der Souveränität des Landes verurteilt. In einer am Samstag verabschiedeten Resolution forderten die Abgeordneten zudem von Washington, die "inakzeptablen" Drohnen-Angriffe gegen Extremisten im Grenzgebiet zu Afghanistan einzustellen. Andernfalls könne Pakistan den Nachschub für die NATO-Truppen in Afghanistan unterbrechen.
Gates gegen schnelleren Abzug
US-Verteidigungsminister Robert Gates bezeichnete unterdessen einen beschleunigten Abzug der Truppen aus Afghanistan wegen der Tötung Bin Ladens als verfrüht. Es sei zu früh, so kurz nach dem Tod des Terrorchefs bereits derart weitreichende Schlüsse zu ziehen, sagte Gates dem US-Sender CBS. Ein schnellerer Abzug der Truppen aus Afghanistan könne deshalb noch nicht in Erwägung gezogen werden.
Nach der Tötung Bin Ladens waren Forderungen laut geworden, den geplanten Truppenabzug zu beschleunigen, da es keinen Grund mehr für die hohe Zahl der am Hindukusch stationierten Soldaten gebe. Der Einsatz sei eine Reaktion auf die Anschläge vom 11. September gewesen, um zu verhindern, dass Terroristen des Netzwerks Al Kaida Afghanistan als Rückzugsort benutzten.
Gates sagte, die Tötung Bin Ladens könne die Situation im Krieg in Afghanistan verändern. "Wir könnten am Ende des Jahres an einem Punkt angelangt sein, an dem wir in Afghanistan über den Berg sind", sagte der Verteidigungsminister.
Afghanen begrüßen Bin Ladens Tod
Laut einer Umfrage bewerten indes mehr als zwei Drittel der afghanischen Männer die Tötung des Al-Kaida-Chefs positiv. 68 Prozent begrüßten die Nachricht vom Tod Bin Ladens, wie aus der Befragung von 600 Männern in verschiedenen Regionen des Landes durch das Institut International Council on Security and Development (ICOS) hervorgeht. In Mardschah, einer Taliban-Hochburg in der südlichen Provinz Helmand, bezeichneten dagegen 71 Prozent der Befragten den Tod des Terrorchefs als eine schlechte Nachricht.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP