Erheblichen Unzulänglichkeiten Kinderschutz-Gesetz vom Tisch
27.05.2009, 16:19 UhrMit dem Gesetz sollen Konsequenzen aus mehreren Fällen von Kindestötungen gezogen und Kinder aus Problemfamilien durch vorbeugende Hausbesuche besser geschützt werden.
SPD und Union streiten über den Kinderschutz-Gesetzentwurf von Familienministerin Ursula von der Leyen (CDU). SPD-Fraktionsvize Christel Humme kündigte an, der Gesetzentwurf werde "in dieser Legislaturperiode nicht weiter verfolgt". Die Kritik der Fachwelt bei einer Bundestagsanhörung sei "eindeutig" gewesen. Dagegen sagte von der Leyens Sprecher Jens Flosdorff: "Wir gehen davon aus, dass das Gesetz bis zum Ende der Legislaturperiode beschlossen wird."
Mit dem Gesetz sollen Konsequenzen aus mehreren Fällen von Kindestötungen gezogen und Kinder aus Problemfamilien durch vorbeugende Hausbesuche besser geschützt werden. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte zuvor 2007 und 2008 die Ministerpräsidenten zu einem "Kinderschutzgipfel" ins Kanzleramt geladen.
Offenbar zu viele Fehler
Humme und die SPD-Familienpolitikerin Caren Marks verwiesen auf die teilweise vernichtende Kritik zahlreicher Experten und Verbände am Montag bei einer Anhörung im Familienausschuss des Bundestages. "Gerade in einem so sensiblen Bereich wie dem Kinderschutz bedarf es gut durchdachter und ausgewogener Regelungen. Neue gesetzliche Vorgaben müssen gerade bei denen, die sie umsetzen sollen, Akzeptanz finden", heißt es in ihrer Erklärung. Eine Überarbeitung des Entwurfs sei aber in der verbleibenden Zeit bis zum Ende der Legislaturperiode nicht mehr möglich. Mehrere Sachverständige hatten vor dem Ausschuss kritisiert, dass mit dem Gesetzentwurf der Zugang von Sozialarbeitern zu Problemfamilien eher erschwert als verbessert werde.
Grüne und FDP begrüßten den von der SPD angekündigten Abbruch der Gesetzesberatungen. "Damit ist dem Kinderschutz ein guter Dienst erwiesen worden", sagte die Familienpolitikerin der Grünen, Ekin Deligöz. Fachleute hatten wiederholt die erheblichen Unzulänglichkeiten des Gesetzentwurfs bemängelt. Viel zu lange habe sich die Koalition an diesem Gesetz festgeklammert, sagte Deligöz.
Bald neuen Entwurf vorlegen
Auch die FDP-Familienpolitikerin Miriam Gruss sagte, es sei richtig, den Gesetzesentwurf so nicht zu verabschieden. Das Thema Kindesmisshandlungen dürfe jedoch nicht von der Tagesordnung verschwinden. Ein neuer Entwurf müsse in der kommenden Wahlperiode folgen. Damit könne auch der Betreuung vor der Geburt ein höherer Stellenwert eingeräumt werden.
Die Deutsche Kinderhilfe forderte dagegen die zügige Verabschiedung des Gesetzes. Von den konkreten Beschlüssen der "Kindergipfel" im Kanzleramt sei zwar leider nicht mehr viel übrig geblieben. Der Entwurf sei aber "zumindest ein richtiger und wichtiger Schritt". Hausbesuche zur Abklärung einer Kindeswohl- Gefährdung müssten eine Selbstverständlichkeit werden.
Quelle: ntv.de, dpa / AFP