Politik

Atomkraftwerke länger am Netz Koalition stellt Bedingungen

Atommeiler mit veralteten Sicherheits-Standards sollen nach den Plänen der künftigen schwarz-gelben Koalition nur bei Nachrüstung weiterbetrieben werden dürfen.

Atomkraftwerk Biblis

Die FDP hat offenbar den Pannenreaktor Biblis im Visier.

(Foto: dpa)

Darauf verständigten sich die Koalitionsunterhändler von CDU/CSU und FDP in den zuständigen Arbeitsgruppen Umwelt und Wirtschaft. Es handelt sich dem Vernehmen nach "um wenige" nachrüstpflichtige Atomkraftwerke.

Dabei gehe es um Pannenanfälligkeiten wie beim Reaktor Krümmel in Schleswig-Holstein und um zu geringe Wandstärken der Anlagen wie beim bayerischen Block Isar 1. Zudem müssten die Anlagen besser vor Terrorattacken oder Flugzeugabstürzen geschützt werden. Die Beratungen über die Energiepolitik sollen am Freitag fortgesetzt werden.

Dem Vernehmen nach wird erwartet, dass das eine oder andere AKW unter Umständen sogar früher vom Netz geht als bisher geplant, wenn die Betreiber vor zu hohen Kosten für die Nachrüstung zurückscheuen. Werden die Auflagen nicht erfüllt, sollen längere Laufzeiten nicht möglich sein. Nicht geplant sei, im Schlusspapier der Arbeitsgruppen gezielt einzelne Atomanlagen für eine etwaige Nachrüstungspflicht zu benennen. Wie zu erwarten war, soll der niedersächsische Salzstock Gorleben "zügig und ergebnisoffen" weiter als Standort für ein atomares Endlager erkundet werden. Die alte rot-grüne Koalition hatte ein Erkundungsmoratorium bis Herbst 2010 verhängt.

Wie weiter bekannt wurde, soll bei den erneuerbaren Energien bis 2020 ein Produktionsanteil am Strom von nur 30 Prozent erreicht werden - im Vergleich zu jetzt 15 Prozent. Die Ökobranche selbst geht für 2020 von knapp 50 Prozent aus. Für 2050 soll ein Öko-Anteil von 80 Prozent an der Stromerzeugung festgelegt werden.

Keine Laufzeitverlängerung zum Nulltarif

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Umweltministerin Gönner.

(Foto: picture-alliance/ dpa)

Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner (CDU) will die Atomkonzerne zur Abgabe von mindestens 50 Prozent ihrer Erträge aus der Verlängerung der Reaktorlaufzeiten zwingen. "Es gibt keine Laufzeitverlängerung zum Nulltarif", sagte Gönner im Stuttgarter Landtag. Sollten sich die Energieversorger weigern, die Hälfte der Profite für die Förderung erneuerbarer Energie abzugeben und in die Sicherheit der Meiler zu investieren, werde es keine Laufzeitverlängerung geben. Die CDU- Politikerin nimmt an den Koalitionsverhandlungen der künftigen schwarz-gelben Bundesregierung zum Thema Umwelt teil.

Bereits vergangene Woche hatte Gönner im Interview mit n-tv.de klargemacht, dass es nur Laufzeitverlängerungen geben könne, wenn sich die Stromkonzerne zu einem Abkommen verpflichten. "Ohne Gegenleistung gibt es keine Laufzeitverlängerungen", sagte Gönner. Zudem betonte die Umweltministerin, am grundsätzlichen Ende der Kernkraft festhalten zu wollen. " Ich rede daher ganz bewusst immer vom Umstieg im Ausstieg und nicht vom Ausstieg aus dem Ausstieg."

FDP hat Pannenmeiler im Visier

Der stellvertretende FDP-Vorsitzende Andreas Pinkwart sagte in Berlin: "Vor einer möglichen Verlängerung der Laufzeiten für sichere und leistungsfähige Kernkraftwerke muss jedes einzelne Kernkraftwerk, unabhängig vom Alter des Werkes, einer individuellen Prüfung standhalten. Ziel der FDP ist es, langfristig zu einer Energieversorgung auf Basis erneuerbarer Energien zu kommen." Er fügte hinzu: "Die Verlängerung von Laufzeiten kann nur Teil eines energiepolitischen Gesamtkonzeptes auf dem Weg dahin sein." Nach Informationen der "Rheinischen Post" ist bei der FDP die Stilllegung der Reaktoren Biblis A und B, Brunsbüttel, Neckarwestheim 1 und Krümmel schon für 2010 im Gespräch.

Die Betreiber von Kernkraftwerken können bei einer Verlängerung der Laufzeiten jährlich mit zusätzlich 8 bis 10 Milliarden Euro Gewinn rechnen. Ein Kraftwerk erwirtschafte jeden Tag einen Zusatzprofit von 1 bis 2,2 Millionen Euro, sagte Felix Christian Matthes vom Freiburger Öko-Instituts. Bei einer nur achtjährigen Verlängerung seien das 64 bis 80 Milliarden Euro, sagte der Forscher.

Abschalten nicht teurer

Ein Abschalten der Kernkraftwerke wirkt sich nach Angaben von Matthes nicht auf den Strompreis auf, da genügend Kapazitäten zur Verfügung stünden. "Momentan haben wir Überkapazitäten von 10.000 bis 20.000 Megawatt", sagte der Forschungs-Koordinator Energie- und Klimapolitik. Im Jahr 2007 seien beispielsweise fast die Hälfte der Kernkraftwerke wegen Störfällen oder Wartungsarbeiten außer Betrieb gewesen, auf den Strompreis habe das aber keine Auswirkungen gehabt. "Niemand sagt mehr ernsthaft, dass wir es mit einer Stromlücke zu tun bekommen. Wir haben Reserven und sind flexibel genug, um alles abzudecken, was an Bedarf kommen kann."

Durch eine Laufzeitverlängerung seien außerdem keine Entlastungseffekte beim Klimaschutz zu erwarten. "An der Gesamtemission von Treibhausgasen ändert sich gar nichts", sagte Matthes. Denn das Emissionsziel sei festgesetzt. "Wenn ein paar schadstoffreiche Kraftwerke abgeschaltet werden, können andere Emittenten mehr ausstoßen."

Quelle: ntv.de, tis/dpa

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