Neues Afghanistan-Mandat Koalition wird beraten
14.02.2008, 07:37 UhrFührende Politiker der Großen Koalition wollen in der kommenden Woche über ein neues Mandat für den Bundeswehreinsatz in Afghanistan beraten. Dies bestätigten Koalitions- und Regierungskreise in Berlin. Teilnehmen sollen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD), Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) und die Spitzen der Koalitionsfraktionen. Allerdings blieb unklar, in welchem Maße die Obergrenze der deutschen Truppen erhöht werden soll. Im Bundestag warf die Opposition der Regierung Geheimniskrämerei und Versagen in der Afghanistan-Politik vor.
In Regierungskreisen hieß es, das Treffen sei ein Meinungsaustausch, wie er regelmäßig stattfinde. Neben den Ministern und Außenpolitikern sollten die beiden Fraktionschefs Peter Struck und Volker Kauder sowie der CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer teilnehmen. Thema sei neben der Lage auf dem westlichen Balkan auch die Geltungsdauer des nächsten Mandats für Afghanistan. In der Regierung gibt es Überlegungen, das im Oktober auslaufende Mandat für mehr als ein Jahr zu verlängern, damit die nächste Entscheidung nicht in den Bundestagswahlkampf oder direkt nach einem Regierungswechsel fällt.
Für Streit sorgen Erwägungen, die Obergrenze des deutschen Kontingents von bislang 3500 Mann zu erhöhen. Die Regierung will einen Puffer bekommen, wenn sie ab Sommer mehr Soldaten für die "Quick Reaction Force" (QRF) in Afghanistan stellt. Sie hatte aber am Wochenende Berichte dementiert, sie wolle das Mandat um 1000 Soldaten aufstocken. Doch hat sie zu ihren Plänen für das neue Mandat keine Auskunft gegeben. Für die QRF war eine geringere Aufstockung erwartet worden; die "Frankfurter Rundschau" berichtete von 500 zusätzlichen Soldaten. Deutschland steht unter Druck der NATO, sich stärker zu engagieren.
Regierung lässt alles offen
Auch in der Aktuellen Stunde des Bundestags zu der Frage legte sich die Bundesregierung nicht fest. "Für Spekulationen, wie ein künftiges Mandat aussehen könnte, ist es noch zu früh", sagte der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Günter Gloser (SPD). SPD-Fraktionsvize Walter Kolbow sagte, man werde mit den NATO-Partnern besprechen, was für eine mögliche "Fortentwicklung" des Mandats nötig sei.
Die Opposition attackierte die Regierung scharf wegen ihres Verhaltens in der Afghanistan-Frage. "Hören Sie endlich auf mit der Geheimniskrämerei!" forderte die FDP-Verteidigungsexpertin Birgit Homburger. Grünen-Fraktionsvize Jürgen Trittin hielt vor allem Verteidigungsminister Jung vor, er habe mit seinen Aussagen zu einer möglichen Ausdehnung des Mandats vor den internationalen Experten der Münchner Sicherheitskonferenz am Wochenende Deutschland in schlechtem Licht erscheinen lassen. Offenbar sei die Bundesregierung nicht zu einer klaren Linie in dieser Frage fähig.
Für die Linkspartei wertete der Sicherheitsexperte Paul Schäfer das Treffen der Koalitionsexperten als Zeichen, dass die Ausdehnung des Mandats vorbereitet werde. Neben der Verlängerung des Mandats und einer größeren Zahl von Soldaten ist auch eine Erweiterung des Einsatzgebietes nach Westen im Gespräch. Für die Union warf der Außenpolitiker Eckart von Klaeden der Linkspartei vor, sie habe die Debatte beantragt, um mit der populistischen Forderung nach Abzug der Bundeswehr bei der Bürgerschaftswahl in Hamburg am 24. Februar Wählerstimmen zu gewinnen. Klaeden verglich Linken-Fraktionschef Gregor Gysi mit einem Taliban-Sprecher: Beide forderten den Abzug der Bundeswehr aus Afghanistan. Die Linke protestierte gegen den Vergleich. Laut Umfragen lehnt die Mehrheit der Bevölkerung den Afghanistan-Einsatz ab.
"Ein Dreck"
In seltener Einmütigkeit bezeichneten alle Bundestagsfraktionen das Engagement für die Polizeiausbildung in Afghanistan als katastrophal. Ziel der Kritik war auch Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU). Er komme seit Monaten einer Einladung des Auswärtigen Ausschusses nicht nach, beklagten etwa SPD-Abgeordnete.
Der CDU-Parlamentarier Bernd Schmidbauer sagte, die Situation der Polizeiausbildung werde immer schlechter, seitdem die EU die Verantwortung dafür übernommen habe. Sie will bis März 195 Kräfte schicken. Mit Blick auf das EU-Engagement sagte Schmidbauer: "Ein Dreck hat sich hier positiv entwickelt." Er schlug vor, in Deutschland Afghanen zu Spezialisten auszubilden, die als Multiplikatoren dann die Polizei im eigenen Land aufbauten.
Deutschland hatte im vorigen Jahr 40 Polizisten im Einsatz. Derzeit sind es nach Angaben des Bundesinnenministeriums 23 Mann. Deutschland wolle bis zu 60 Polizisten schicken, teilte ein Ministeriumssprecher mit. "Wir stehen bereit und können das Engagement auch noch ausweiten". Darüber entscheide aber die EU.
Quelle: ntv.de