Politik

"Afghanistan war nicht gemeint" Köhler stellt Äußerungen klar

Bundespräsident Köhler und seine Frau auf dem Flug nach Masar-i-Scharif im Norden Afghanistans an Bord einer Transall der Bundeswehr.

Bundespräsident Köhler und seine Frau auf dem Flug nach Masar-i-Scharif im Norden Afghanistans an Bord einer Transall der Bundeswehr.

(Foto: dpa)

Bundespräsident Köhler sieht sich falsch interpretiert. Seine Worte auf dem Rückflug von Afghanistan hätten sich auf Einsätze wie am Horn von Afrika bezogen. Köhler hatte gesagt, dass im Notfall auch militärische Einsätze notwendig seien, "um unsere Interessen zu wahren".

Bundespräsident Horst Köhler hat Auslandseinsätze der Bundeswehr auch mit der Wahrung deutscher Wirtschaftsinteressen begründet und damit eine heftige Debatte ausgelöst. Die Kritik aus der Koalition und der Opposition entzündete sich vor allem daran, dass der Eindruck entstand, auch beim Afghanistaneinsatz spielten wirtschaftliche Interessen eine Rolle.

Köhler ließ seine Äußerungen inzwischen präzisieren. Die Afghanistan-Mission sei nicht gemeint gewesen, sagte sein Sprecher Steffen Schulze.

Bundespräsident Köhler bezog sich auf "Einsätze der Bundeswehr wie zum Beispiel die Operation Atalanta gegen Piraterie", so sein Sprecher.

Bundespräsident Köhler bezog sich auf "Einsätze der Bundeswehr wie zum Beispiel die Operation Atalanta gegen Piraterie", so sein Sprecher.

(Foto: dpa)

Der Bundespräsident habe in einem Interview festgestellt, die Bundeswehr kämpfe in Afghanistan auf der Grundlage eines Mandats der Vereinten Nationen für die Sicherheit auch in Deutschland. Köhler habe darüber hinaus als Beispiele für die Begründung militärischer Einsätze auch die Verhinderung regionaler Instabilität und den Schutz freier Handelswege genannt, sagte der Sprecher.

"Diese Äußerungen des Bundespräsidenten beziehen sich auf die vom Deutschen Bundestag beschlossenen aktuellen Einsätze der Bundeswehr wie zum Beispiel die Operation Atalanta gegen Piraterie", so Schulze.

"Zum Beispiel freie Handelswege"

Auf dem Rückflug von einem Kurzbesuch bei deutschen Soldaten in Afghanistan hatte Köhler dem Deutschlandradio gesagt, "ein Land unserer Größe mit dieser Außenhandelsorientierung und damit auch Außenhandelsabhängigkeit" müsse wissen, "dass im Zweifel, im Notfall auch militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege, zum Beispiel ganze regionale Instabilitäten zu verhindern, die mit Sicherheit dann auch auf unsere Chancen zurückschlagen negativ durch Handel, Arbeitsplätze und Einkommen."

Der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz sagte im Deutschlandfunk, Köhler habe sich missverständlich ausgedrückt. "Er wollte keine neue Militärdoktrin für Deutschland verkünden". Den Zusammenhang zwischen freien Handelswegen und Afghanistan wolle er nicht herstellen. Aber am "Beispiel des internationalen Einsatzes gegen Piraterie am Horn von Afrika" sei zu sehen, dass natürlich ein Interesse an freien Handelswegen bestehe. "Allerdings ist hier selbstverständlich die Voraussetzung ein klares, völkerrechtliches Mandat und ein multilaterales Vorgehen." Bei Köhlers Äußerungen habe es sich allenfalls um eine unglückliche Formulierung gehandelt.

Kritik von der Opposition

SPD, Grüne und Linke kritisierten Köhlers Äußerungen. Deutschland führe in Afghanistan "keinen Krieg um Wirtschaftsinteressen, sondern es geht um unsere Sicherheit", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Fraktion, Thomas Oppermann, dem "Spiegel". Köhler schade mit seinen Äußerungen der Akzeptanz der Auslandseinsätze der Bundeswehr.

Der Vorsitzende der Linken, Klaus Ernst, forderte eine Neuabstimmung des Bundestags über den Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr. Weder die Mandate noch die Verfassung deckten Wirtschaftskriege ab, argumentierte Ernst. Er erklärte weiter: "Köhler hat offen gesagt, was nicht zu leugnen ist. In Afghanistan riskieren Bundeswehr-Soldaten Gesundheit und Leben für die Exportinteressen riesiger Konzerne."

Grünen-Fraktions-Vize Frithjof Schmidt erklärte: "Die Äußerungen von Bundespräsident Köhler sind brandgefährlich. Sie entsprechen weder der Rechtsgrundlage noch der politischen Begründung des Afghanistan Einsatzes. Sie offenbaren ein für das Präsidentenamt inakzeptables Verständnis von Verteidigungs- und Sicherheitspolitik."

Die verteidigungspolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Elke Hoff, sagte dagegen: "Für mich sind die Vorwürfe gegen den Bundespräsidenten nicht nachzuvollziehen. Manche in der Opposition wollen ihn wohl bewusst missverstehen." Schon im Weißbuch der schwarz-roten Koalition sei festgehalten worden, "dass es eine Aufgabe der Bundeswehr ist, in Krisenregionen Stabilisierungsmaßnahmen durchzuführen". Dazu gehöre für eine Export-Nation wie Deutschland international Transportwege zu sichern, etwa bei der Marinemission am Horn von Afrika.

Quelle: ntv.de, rts

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