Politik

Kein EU-Land am Pranger Konjunkturspritze sicher

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben sich nach monatelangem Streit grundsätzlich auf ein gemeinsames, fünf Milliarden Euro schweres Konjunkturprogramm geeinigt. Das sagten Diplomaten beim EU-Gipfel in Brüssel, ohne Einzelheiten zu nennen.

"Die Einigung steht, der jüngste Vorschlag der tschechischen Ratspräsidentschaft wurde angenommen", hieß es. "Die Investitionen müssen vor allem in 2009 und 2010 getätigt werden." Deutschland hatte darauf gedrungen, dass nur Projekte gefördert werden, die schon 2009 und 2010 die Konjunktur ankurbeln können, und die tschechische Ratspräsidentschaft zum Kompromiss bewogen.

Mit dem Geld sollen Energieprojekte und schnelle Internetverbindungen finanziert werden. Das von der EU-Kommission initiierte Programm ist nur ein kleiner Teil der europäischen Konjunkturhilfen, die sich auf insgesamt rund 400 Milliarden Euro belaufen. Deutschland und andere Länder hatten die Zustimmung monatelang verweigert, weil viele Projekte ungeeignet seien, die Wirtschaft rasch zu beleben. Die Liste der Vorhaben reicht von Energienetzen in Osteuropa über Windparks im Meer bis hin zu Pilotanlagen für die Lagerung von Kohlendioxid.

Steueroasen-Streit entschärft

Entschärft wurde auch der Streit um Steueroasen. Beim Weltfinanzgipfel Anfang April in London soll kein EU-Partner als Fluchtburg für Steuerhinterzieher gebrandmarkt werden. Darauf verständigen sich nach Angaben von Diplomaten die Staats- und Regierungschefs.

Damit setzte sich Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker durch, der zum Auftakt des zweitägigen Treffens vehement dagegen protestiert hatte, sein Land begünstige Steuersünder und müsse auf eine schwarze Liste. Er zeigte sich verärgert über Deutschland und Frankreich, die einen harten Kurs gegen Steuerparadiese fahren.

Wenn am 2. April die 20 wichtigsten Industrie- und Schwellenländer (G20) in London zusammenkommen, geht es um eine neue Weltfinanzordnung. Dazu gehören schärfere Bankenaufsicht, aber auch der Kampf gegen Steuerhinterziehung rund um den Globus. Laut einem Forderungskatalog, der beim EU-Gipfel verabschiedet werden sollte, müssten Länder, die Steuerflucht begünstigen, an den Pranger gestellt werden und mit Sanktionen rechnen.

Im verbalen Schlagabtausch mit Deutschland verwahrte sich Luxemburgs Budgetminister Luc Frieden dagegen, dass sein Land eine Steueroase sei. Nach einem Gespräch mit Bundesfinanzminister Peer Steinbrück sagte Frieden: "Wir halten alle EU-Direktiven und die Richtlinien der OECD millimetergenau ein."

Steinbrück bleibt bei seiner Meinung

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung spielt im Kampf gegen Steueroase eine zentrale Rolle. Nach bisher nicht offiziell bestätigten Angaben stehen die Schweiz und Österreich auf einer internen Liste der OECD über Steueroasen.

Steinbrück sagte in Brüssel: "Ich bleibe dabei: Es gibt eine große internationale Übereinstimmung, dass illegale Steuerpraktiken bekämpft werden müssen." Er erwarte, dass sich Partnerländer an die Spielregeln der OECD hielten. Er verstehe die Aufregung über seine Kritik nicht, sagte Steinbrück.

Noch mehr Konjunkturhilfen oder nicht?

Der Ruf von US-Präsident Barack Obama nach neuen Konjunkturprogrammen spaltete die EU. Merkel machte klar, dass sie die Wirkung der ersten Programme vor neuen Schritten abwarten will. In diesem Punkt sprang Kommissionspräsident Jos Manuel Barroso der Kanzlerin bei. "Wir sollten nicht über einen neuen Plan sprechen, bevor wir nicht den alten umgesetzt haben", sagte Barroso, den die Europäische Volkspartei offiziell für eine zweite Amtszeit benannte.

Dagegen forderte der Europäische Gewerkschaftsbund (EGB) weitere Staatshilfen, die vor allem den ärmsten Menschen zugutekommen sollten. "Wenn wir jetzt Geld in die Hand nehmen, um wie die Amerikaner die Wirtschaft anzuregen, dann können wir eine negative Entwicklung vielleicht abwenden", sagte EGB-Generalsekretär John Monks nach einem Treffen der europäischen Sozialpartnern mit der EU-Spitze. Der spanische Arbeitsminister Celestino Corbacho sagte ebenfalls: "Ich denke, Europa sollte mehr als bisher tun".

Die 27 EU-Staaten hoffen, die dramatische Talfahrt der Wirtschaft mit Hilfen im Wert von insgesamt 400 Milliarden Euro stoppen zu können.

Quelle: ntv.de

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