Bayerns Parteien beraten Konsequenz aus Kommunalwahl
03.03.2002, 08:14 UhrNach den bayerischen Kommunalwahlen vom Sonntag ziehen die Parteien heute Bilanz. Die CSU-Spitze kommt unter Leitung von Parteichef Edmund Stoiber zu einer Vorstandssitzung zusammen. Angesichts der SPD-Erfolge in einer Reihe von großen Städten dürfte es vor allem um die Strategie für die Stichwahlen in zwei Wochen gehen.
Bei SPD und Grünen wollen die Landesvorsitzenden Wolfgang Hoderlein und Jerzy Montag die Ergebnisse vom Sonntag bewerten. Das landesweite Endergebnis der Wahlen wird erst für Mittwoch erwartet.
Bei den Kommunalwahlen hatte die SPD in wichtigen Städten ihre Position ausgebaut. In der Landeshauptstadt München behaupteten sich nach ersten Trends der amtierende SPD-Oberbürgermeister Christian Ude und seine rot-grüne Regierung.
In den erst vor vier Jahren von der CSU eroberten Städten Nürnberg und Fürth erlitten die Christdemokraten nach ersten Berechnungen eine Niederlage. Beide SPD-Herausforderer lagen vor den amtierenden CSU-Oberbürgermeistern, müssen aber voraussichtlich in eine Stichwahl. Auch in Augsburg zeichnete sich beim Kampf um das Amt des nicht mehr angetretenen CSU-Oberbürgermeisters ein Sieg der SPD ab.
Die Wahl galt als erster landesweiter Stimmungstest für Ministerpräsident Edmund Stoiber (CSU) als Kanzlerkandidat der Union. Schlussfolgerungen für den Ausgang der Bundestagswahl am 22. September sind aber kaum möglich, weil in der Kommunalpolitik vor allem die Zugkraft der Kandidaten vor Ort zählt.
Überall im Freistaat wurden die Gemeinde- und Kreisparlamente neu bestimmt, in den meisten der 2056 Gemeinden standen auch die Bürgermeister und Landräte zu Wahl. Bei der Wahl konnten 8,9 Millionen Menschen fast 40.000 Mandate vergeben. Die Wahlbeteiligung lag nach Umfragen niedriger als vor sechs Jahren.
München: Roter OB wiedergewählt
In München lag der Amtsinhaber und SPD-Politiker Ude nach Auszählung von 365 der insgesamt 876 Stimmbezirke bei 64,5 Prozent. Sein CSU-Herausforderer Hans Podiuk erreichte dem Zwischenstand zufolge lediglich 29,3 Prozent der Stimmen. Udet umschrieb seine Gefühle mit den Worten, „Einfach fabelhaft. Ich bin überglücklich. Das ist die Erfüllung aller meiner Wünsche.“ Zu den ersten Gratulanten gehörte per Handy Bundeskanzler Gerhard Schröder (SPD). „Das ist nicht nur für die Münchner SPD, sondern für die Sozialdemokratie in Deutschland insgesamt ein guter Tag“, sagte Ude.
Nürnberg: Roter OB-Kandidata vorn
Nach dem vorläufigen Endergebnis des Nürnberger Wahlamts siegte dort überraschend der SPD-Herausforderer Ulrich Maly. Er kam auf 49,2 Prozent und verfehlte die absolute Mehrheit nur knapp. Amtsinhaber Ludwig Scholz von der CSU erzielte 45,9 Prozent. Beide Kandidaten zeigten sich zuversichtlich, die Stichwahl in zwei Wochen für sich entscheiden zu können.
Fürth: Roter OB-Kandidat vorn
In Fürth stimmten nach Auszählung von 55 der 104 Wahlbezirke 53 Prozent der Wähler für den SPD-Kandidaten Thomas Jung. CSU-Amtsinhaber Wilhelm Wenning erhielt nach dem Zwischenstand nur 41,4 Prozent der Stimmen. Damit könnte Jung das Rennen schon im ersten Wahlgang gemacht haben und das Fürther Rathaus nach der schweren Wahlschlappe von 1996 für die SPD zurückerobert haben.
Augsburg: Roter OB-Kandidat vorn
In Augsburg wird es eine Stichwahl geben im Kampf um das Amt des Oberbürgermeisters. SPD-Kandidat Paul Wengert erzielte nach dem vorläufigen Endergebnis 46,6 Prozent. Margarete Rohrhirsch-Schmid konnte 42,9 Prozent der Stimmen auf sich vereinen. Die Kandidatin von Bündnis 90/Grüne, Eva Leipprand, kam auf vier Prozent. Insgesamt hatten sich sieben Kandidaten um die Nachfolge von Peter Menacher von der CSU beworben.
Erlangen: Schwarzer OB bleibt
In der dritten Stadt der 1996 für die SPD verloren gegangenen Hochburgen-Achse, Erlangen, bleibt der amtierende Oberbürgermeister Siegfried Balleis dagegen für weitere sechs Jahre an der Stadtspitze. Mit 58,3 Prozent ging er aus der Wahl als souveräner Sieger hervor. SPD-Konkurrent Wolfgang Vogel erhielt nach dem vorläufigen amtlichen Endergebnis 34,5 Prozent der Stimmen.
SPD-Reaktion
Der bayerische SPD-Vorsitzende Wolfgang Hoderlein hat den Trend bei der Kommunalwahl als „Erfolg versprechend für die SPD“ gewertet. Hoderlein würdigte vor allem die „glänzenden Ergebnisse“ der SPD-Kandidaten für die Oberbürgermeisterämter in München, Nürnberg, Augsburg und Fürth.
CSU-Reaktion
CSU-Generalsekretär Thomas Goppel sagte, mit Blick auf die Bundestagswahl müsse er sagen, dass der CSU die Mobilisierung der Wähler nicht so gelungen sei, wie sie sich das vorgestellt habe.
Stoibers persönliche Niederlage
Die Heimatstadt von Stoiber, Wolfratshausen in Oberbayern, bleibt in SPD-Hand. Bei der Bürgermeisterwahl konnte sich der seit vier Jahren amtierende Reiner Berchtold mit 56,5 Prozent der Stimmen deutlich gegen seinen CSU-Herausforderer, den früheren Grünen-Politiker Manfred Fleischer, behaupten, auf den 43,5 Prozent entfielen. Die Wahl war bundesweit beachtet worden, weil Stoiber Fleischer unterstützt hatte.
Amtliche Zahlen
Die CSU hat bei den Oberbürgermeister- und Landratswahlen in Bayern bisher sieben Amtssessel weniger errungen als bisher. Wie das Statistische Landesamt am späten Abend bekannt gab, gewann die CSU im ersten Wahlgang in 52 Städten und Landkreisen. Die SPD setzte sich elf Mal durch, das waren schon vor den Stichwahlen so viele OB- und Landratsposten wie bisher. Auf Freie Wähler und Sonstige entfielen ebenfalls sechs Ämter. In elf Städten und Landkreisen sind in zwei Wochen Stichwahlen erforderlich.
Rückblick
Bei den Kommunalwahlen 1996 hatte die CSU leicht zugelegt und kam auf 43,1 Prozent. Die SPD schnitt mit 25,7 Prozent schlechter ab als sechs Jahre zuvor. Drittstärkste Kraft wurden mit 15,3 Prozent die freien Wählergruppen, noch deutlich vor den Grünen, die 6,9 Prozent erhielten. Die FDP kam auf 1,6 Prozent, die rechtsradikalen Republikaner sanken auf 1,8 Prozent ab.
Das landesweite Endergebnis liegt wegen des komplizierten bayerischen Wahlrechts voraussichtlich erst am Mittwoch vor.
Quelle: ntv.de