Erdogan zettelt "Revolution" an Kopftuchverbot soll fallen
19.09.2007, 16:24 UhrTrotz des starken Widerstands der säkularen Elite will der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan Kopftücher an den Universitäten erlauben. Zugleich bekräftigte er, die von seiner Regierung geplante neue Verfassung werde einen "demokratischen, weltlichen und sozialen Rechtsstaat garantieren".
Das Verbot des Kopftuchs an Universitäten und Behörden gehört seit Jahren zu den größten Streitfragen der Türkei. Für die säkularen Kräfte ist es ein zentraler Ausdruck des weltlichen Charakters des Staates. Für die religiös-konservative Regierung zählt es zu den persönlichen Freiheiten, ein Kopftuch aus muslimischer Überzeugung zu tragen.
"Das Recht auf eine höhere Bildung kann nicht auf Grundlage dessen beschränkt werden, was ein Mädchen trägt", sagte Erdogan der "Financial Times Deutschland". Als Hüterin des säkularen Charakters des Staates hat die Armee die Regierung im Verdacht, die weltlichen Prinzipien aufzuweichen und dem Islamismus den Weg zu bereiten. Die AKP wollte bereits 2002 das Kopftuchverbot lockern, scheiterte aber am Widerstand der säkularen Kräfte.
Druck, ein Kopftuch zu tragen, steigt
Immerhin tragen in der Türkei mindestens 60 Prozent der Frauen ein Kopftuch. Die Töchter der laizistischen Elite gehören allerdings nicht dazu. Sie befürchten, dass der Druck zum Kopftuchtragen enorm steigt. "In Libyen schreibt kein Gesetz das Kopftuch vor. Trotzdem haben im Laufe von 20 Jahren alle Mädchen es wegen des Drucks angelegt", sagte der Rektor der Technischen Universität (ODTÜ) in Ankara. Die Rektoren drohen damit, den Kopftuchstreit vor den Europäischen Menschengerichtshof zu tragen.
Die Verfassungsreform ist Teil des politischen Programms, mit dem die AKP im Juli die Parlamentswahl überraschend deutlich gewann. Das bisherige Grundgesetz gilt als autoritär und wurde nach dem Militärputsch im Jahr 1980 erlassen. Die AKP hat offen gelassen, ob sie ihren Entwurf im Parlament oder in einem Referendum zur Abstimmung stellt. Im Parlament bräuchte sie eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Die größte Oppositionspartei, die säkulare sozialdemokratische CHP, will lediglich Anhängen zur bisherigen Verfassung zustimmen.
Quelle: ntv.de