Misere auf breiter Front Krankenkassen werden teurer
03.12.2009, 07:43 UhrVon Entlastung keine Rede: Auf die etwa 70 Millionen gesetzlich Versicherten kommen auch nach Sicht des Spitzenverbandes der Krankenkassen im nächsten Jahr erstmals auf breiter Front Zusatzbeiträge zu.
Trotz der vom Bund zugesagten Steuerzuschüsse in Milliardenhöhe sei die finanzielle Lage der gesetzlichen Kassen kritisch, sagte die Vorsitzende des Spitzenverbandes der Krankenkassen, Doris Pfeiffer, der "Berliner Zeitung". "Ich gehe deshalb davon aus, dass wir im nächsten Jahr im großen Maße Zusatzbeiträge bekommen werden."
Zuvor hatte bereits der Ersatzkassenverband vdek nach einem Bericht der Zeitung "Handelsblatt" darüber informiert, dass das Bundesgesundheitsministerium von 25 Kassen ausgehe, die 2010 einen Zusatzbeitrag erheben müssen. Mehrere große gesetzliche Krankenkassen stehen unter Finanzdruck. Allerdings wollen die Kassen zunächst ohne die Zusatzprämie von bis zu einem Prozent des Einkommens zu Lasten ihrer Mitglieder ins neue Jahr starten.
Ausgaben bremsen
Die Chefin des Kassen-Spitzenverbands, Pfeiffer, erneuerte die Kritik an der Bundesregierung und dem neuen Gesundheitsminister Philipp Rösler (FDP). Schwarz-Gelb setze in der Gesundheitspolitik die falschen Schwerpunkte. "Die Prioritäten stimmen nicht", sagte Pfeiffer. Zwar sei es richtig, sich Gedanken über das Beitragssystem zu machen. Jetzt müsse es aber vor allem darum gehen, den Ausgabenanstieg zu bremsen. Sie forderte mehr Wettbewerb im Apothekensektor und eine Preisregulierung für neuartige, fast immer sehr teure Arzneimittel.
Auch der gesundheitspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Karl Lauterbach warf Rösler "Fehler" vor. "Ich glaube, man hätte sich zuerst darauf konzentrieren müssen: Wie sparen wir im System, wie machen wir das System wirtschaftlicher, wie bringen wir mehr Vorbeugung ins System, und nicht darum: Wo bekommen wir mehr Geld her", kritisierte Lauterbach bei n-tv. Nun müssten Krankenkassen mit einem ungebremsten Kostenanstieg rechnen, der sich auch im Beitragssatz widerspiegele.
Rösler relativiert
Der angesprochene Rösler wirft den Krankenkassen hingegen vor, ihre finanzielle Lage übetrieben düster zu zeichnen. "Die Kassen haben in den ersten neun Monaten dieses Jahres 1,4 Milliarden Euro Überschüsse erzielt", sagte der Minister der "Süddeutschen Zeitung". Alleine die Allgemeinen Ortskrankenkassen hätten ein Plus von rund 900 Millionen Euro verbucht. Bei den Ersatzkassen sei das Ergebnis nicht ganz so gut, was aber vor allem am neu geregelten Finanzausgleich liege.
"Die Zahlen sehen jedenfalls besser aus als man sie noch im Herbst 2008 geschätzt hat", betonte der Minister. Er deutete an, dass diese Entwicklung auch im kommenden Jahr anhalten werde. "Wir werden bald sehen, wie viele Kassen tatsächlich einen Zusatzbeitrag erheben müssen", betonte er.
Der Schätzerkreis des Bundesversicherungsamtes werde nächste Woche tagen und seine Prognose aktualisieren. Im Vergleich zur Schätzung davor hat sich die Konjunktur weiter verbessert. Die Lage am Arbeitsmarkt sei nicht mehr so düster und die Sachverständigen erwarteten ja eine kräftige Erholung. "Auch der GKV-Spitzenverband sollte die Zahlen des Schätzerkreises mal abwarten. Danach wird man die Entwicklung vermutlich anders betrachten", sagte er.
Quelle: ntv.de, dpa