Politik

Chodorkowski-Urteil ein Justizirrtum Kreml-Berater fordern Freilassung

Gefangen im Glashaus: Michail Chodorkowski während der Verhandlung im April 2010.

Gefangen im Glashaus: Michail Chodorkowski während der Verhandlung im April 2010.

(Foto: REUTERS)

Der Menschenrechtsrat des Kreml fordert die Aufhebung der 2010 verhängten Haftstrafe gegen den früheren Ölunternehmer Chodorkowski. Das einst unter Präsident Putin eingerichtete Gremium sieht gravierende Rechtsverstöße in dem Justizverfahren. Nach dem Urteil sitzt der Kreml-Kritiker wegen Unterschlagung und Geldwäsche bis 2016 in Haft.

Ein Beratergremium des Kreml sieht in der zweiten Verurteilung des ehemaligen russischen Ölmagnaten Michail Chodorkowski einen möglichen Justizirrtum. Es seien neue Details aufgetaucht, die diesen Schluss zuließen, erklärte das Beratergremium für Menschenrechte in einem Bericht. Mit dem Urteil aus dem Jahr 2010 sei zudem gegen geltendes Recht verstoßen worden, daher müsse es aufgehoben werden.

In dem Bericht listet das Gremium unter anderem "grundlegende Verstöße" bei den Gerichtsverhandlungen auf. Beispielsweise sei die Unschuldsvermutung grob verletzt worden, da die Argumente und Beweisvorlage der Verteidigung größtenteils abgetan worden seien. Die Verurteilten hätten keine Taten begangen, die eine Straftat darstellten, heißt es in dem Bericht, der rechtlich nicht bindend ist. Einer von Chodorkowskis Anwälten erklärte, die Politik könne jetzt nicht länger schweigen. Das verantwortliche Moskauer Gericht bezeichnete den Bericht dagegen als "vorschnelle Schlussfolgerung von Privatleuten".

Zweites Urteil

Der Kreml-Kritiker Chodorkowski und sein früherer Geschäftspartner Platon Lebedew waren 2003 festgenommen worden. In einem ersten Prozess wurden sie wegen Betrugs und Steuerhinterziehung zu einer Haftstrafe von acht Jahren verurteilt. Im Dezember 2010 wurden sie in einem zweiten Prozess wegen Unterschlagung und Geldwäsche erneut verurteilt und müssen bis zum Jahr 2016 in Haft bleiben.

Chodorkowski hatte stets seine Unschuld betont. Beobachter machen insbesondere den ehemaligen Staatschef und derzeitigen Ministerpräsidenten Wladimir Putin für die Verurteilungen verantwortlich. Chodorkowski hatte sich zunehmend für die Opposition stark gemacht und eigene Interessen im Energiesektor vertreten, die denen staatlicher Unternehmen zuwiderliefen.

Gedanken an Gnade

Putin, heute russischer Regierungschef, hatte jüngst eine Begnadidung Chodorkowskis nicht ausgeschlossen. Falls der frühere Ölmanager ein Gnadengesuch einreiche, werde er dieses prüfen, sagte Putin nach Angaben der Agentur Interfax. In Russland kann nur der Präsident Häftlinge begnadigen. Putin will sich am 4. März 2012 wieder in den Kreml wählen lassen.

Im vergangenen Jahr hatte Putin über seinen Erzfeind Chodorkowski, der während seiner Präsidentschaft ins Gefängnis gekommen war, gesagt: "Der Dieb muss sitzen." Zudem hatte er den 48-Jährigen mit Auftragsmorden in Verbindung gebracht.

Quelle: ntv.de, nne/AFP/dpa

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