Rassismus beim Verfassungsschutz? Kreuzritter am Schreibtisch
22.03.2013, 10:54 Uhr
Eigentlich ist es Aufgabe des Bundesamtes für Verfassungsschutz, gegen Extremismus in jeglicher Form vorzugehen. Mehr und mehr steht die Behörde aber im Verdacht, dass ihre Angestellten selbst von Vorurteilen erfüllt sind.
(Foto: picture alliance / dpa)
Nach etlichen Pannen bei den Ermittlungen zum rechtsextremen Terrortrio NSU hat der Ruf des Bundesamtes für Verfassungsschutz schon schweren Schaden genommen. Ein Zeitungsbericht, der kruden Rassismus und Islamfeindlichkeit in der Behörde schildert, lässt einen düsteren Verdacht weiter aufkeimen.
Auf dem Schreibtisch eines Mitarbeiters der Islamismus-Abteilung des Bundesamtes für Verfassungsschutz soll eine Kreuzritter-Spielfigur gestanden haben, die mit ihrem Schwert auf das Modell einer Moschee zeigt. Beamte der Behörde haben ihre Kollegen mit Migrationshintergrund angeblich "Ölauge" oder "Muselmann" genannt und in der Kantine gelästert, die hätten gerade erst gelernt, mit Messer und Gabel zu essen.

Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, spricht von "institutionellem Rassismus" in den Sicherheitsbehörden.
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Im Bundesamt für Verfassungsschutz gibt es schwere interne Spannungen wegen möglicher islamfeindlicher und rassistischer Äußerungen. Das berichtet die "Süddeutsche Zeitung" und beruft sich auf Sicherheitskreise. Nach der Aktenschredder-Affäre im Zuge der Ermittlungen zum rechtsextremen Terror-Trio NSU und einer Reihe weiterer fragwürdiger Vorgänge in Sicherheitsbehörden verstärkt sich nach dem Bericht der Eindruck, dass ausgerechnet unter Beamten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, bei denen besondere Sensibilität als angebracht gilt, Ressentiments und Vorurteile grassieren.
Der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Kenan Kolat, attestierte den deutschen Sicherheitsbehörden in dem Bericht "institutionellen Rassismus". Er kritisierte zudem, dass es zu wenig Einwanderer unter den Beamten gebe. "Der Verfassungsschutz erscheint als eine rein deutsche Institution." Ein Sprecher des Bundesamtes wies die Vorwürfe zurück. Detailangaben verweigerte er sich mit den Worten, zu Personalangelegenheiten könne die Behörde nicht öffentlich Stellung nehmen.
"Deutsche Herrenrasse"
Einige der Quellen der "Süddeutschen Zeitung" behaupten, die Fälle seien geklärt. Andere berichten, der Konflikt dauere an. Während die einen die Auseinandersetzung für symptomatisch für den Zustand der Behörde halten, sprechen die anderen von einer absoluten Ausnahme.
Ob Einzelfall oder Dauerzustand - offenbar kam es auch zu Bemerkungen, die sich sprachlich mit der Rhetorik der Nationalsozialisten deckten. In der Abteilung, die für die Beobachtung militanter Islamisten zuständig ist, sei von der deutschen "Herrenrasse" die Rede gewesen.
Laut den Quellen der "Süddeutschen" haben die Beschuldigten die Vorwürfe zum Teil eingeräumt und zum Teil bestritten. Wie das Blatt berichtet, soll es zwar interne Untersuchungen gegeben haben. Dabei sei aber einer der Beamten, der sich als Opfer sah, selbst mit einem Disziplinarverfahren belegt worden - angeblich, weil er einmal einen Witz über den Papst gemacht habe. Der Beamte wurde angeblich in ein anderes Referat versetzt. Seine Kollegen, die, so der Vorwurf, Muslime und Migranten beleidigt haben oder Kreuzritter-Spielfiguren auf ihren Tischen postierten, arbeiten offenbar immer noch in der Islamismus-Abteilung.
Quelle: ntv.de, ieh