Bürgerkrieg verhindert Krise im Libanon beendet
21.05.2008, 15:46 UhrNach anderthalb Jahren heftiger Auseinandersetzungen haben Regierung und Opposition im Libanon einen Ausweg aus der Krise gefunden. Die vom Westen unterstützte Regierung und die von Syrien und dem Iran unterstützte Opposition einigten sich in der katarischen Hauptstadt Doha in einem Abkommen auf ein Ende der Gewalt und die baldige Wahl eines neuen Staatschefs, wie Katars Regierungschef Scheich Hamad bin Dschassem el Thani mitteilte. Mit der Einigung wurden die seit 18 Monaten andauernden teils gewalttätigen Auseinandersetzungen vorerst beendet, die den Libanon Anfang Mai an den Rand eines Bürgerkrieges gebracht hatten.
Die Verhandlungen in Doha zwischen der prowestlichen Regierung von Ministerpräsident Fuad Siniora und der von der Hisbollah geführten Opposition hatten am Freitag unter Vermittlung der Arabischen Liga begonnen. Gemäß dem Abkommen soll die Wahl von Armeechef Michel Suleiman zum neuen Präsidenten binnen 24 Stunden stattfinden. Der Oppositionspolitiker Michel Aoun sagte, die Wahl Suleimans durch das Parlament werde "wahrscheinlich am Sonntag" stattfinden. Seit dem vergangenen November, als der von Syrien unterstützte Präsident Emile Lahoud zurücktrat, ist der Libanon ohne Staatsoberhaupt. Die Wahl des Präsidenten musste wegen des innenpolitischen Machtkampfes bereits 19 Mal verschoben werden.
Opposition erhält Sperrminorität
Das Abkommen von Doha sieht zudem die Bildung einer 30-köpfigen Regierung der nationalen Einheit vor, in der 16 Politiker der prowestlichen Parlamentsmehrheit und 11 der Opposition vertreten sind. Die Opposition erhält auf diese Weise die von ihr geforderte Sperrminorität. Drei Minister sollen vom künftigen Präsidenten ernannt werden. Eine weitere Bestimmung des Abkommens sieht eine Reform des Wahlrechts vor, die bei der Parlamentswahl im kommenden Jahr greifen soll.
Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy bezeichnete die Einigung beider Lager als "großen Erfolg für den Libanon und alle Libanesen". Die Vereinbarung müsse vollständig umgesetzt werden, um "die Basis für eine wahrhaftige nationale Aussöhnung zu legen", hieß es in Paris in einer Mitteilung des Elyse-Palastes. Sarkozy betonte die Rolle Frankreichs als "Freund des Libanon", der sich für die Einheit und Souveränität des Landes einsetze.
Das Auswärtige Amt in Berlin begrüßte die Einigung als "ganz entscheidenden Schritt". Damit sei der Weg aus der politischen Lähmung des Landes gelungen, sagte Außenamtssprecher Martin Jäger. Es gebe nun die Hoffnung, dass die Einigung auf das Kompromisspaket eine Grundlage darstelle, auf der die Verfassungskrise endlich gelöst werden könne.
Glückwünsche aus Syrien
Auch Syrien und der Iran, welche die Opposition im Libanon unterstützen, äußerten sich positiv. Der syrische Außenminister Walid el Muallim bezeichnete das Abkommen als "Auftakt für eine Beilegung der politischen Krise im Libanon". Der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Mohammed Ali Hosseini, beglückwünschte die beteiligten Parteien zu ihrer Vereinbarung. Der Iran hoffe, dass die Einigung von Doha zu einer "blühenden und brillanten Zukunft für das libanesische Volk" führen werde, zitiert die Nachrichtenagentur Isna den Sprecher.
Die Opposition begann unterdessen mit dem Abbau eines Zeltlagers vor dem Regierungssitz in Beirut. Die von der schiitischen Hisbollah-Miliz geführte Opposition hatte dort vor 18 Monaten aus Protest ein Zeltlager aufgeschlagen und den Rücktritt der Regierung Siniora gefordert. Bei den tagelangen Gefechten zwischen Anhängern der beiden Konfliktparteien waren Anfang Mai in Beirut und anderen Landesteilen 65 Menschen getötet worden.
Quelle: ntv.de