Verstöße gegen das Völkerrecht Kritik an Israel und Hamas
02.07.2009, 13:46 UhrAmnesty International hat Israel und der Hamas schwere Verstöße gegen das Völkerrecht während des Gaza-Kriegs vorgeworfen. Beide Konfliktparteien wiesen die Vorwürfe zurück.
Israel habe während seiner dreiwöchigen Offensive im Januar und Dezember mutwillige Zerstörungen in dem Palästinensergebiet angerichtet, kritisiert die Menschenrechtsorganisation in einer Untersuchung. Amnesty-Delegierte hätten bei Recherchen im Januar und Februar Hinweise für den israelischen Einsatz von Gefechtswaffen gegen die Zivilbevölkerung gefunden, die ohne Fluchtmöglichkeit in Gaza eingeschlossen gewesen sei. Der Hamas und anderen militanten Palästinensergruppen warf die Organisation vor, wahllos mit Raketen auf zivile Ziele in Israel geschossen zu haben.
"Ein großer Teil der Zerstörungen im Gazastreifen war mutwillig und gezielt", urteilt Amnesty in dem Bericht. Art und Umstände der Militäraktionen ließen in vielen Fällen keine militärische Notwendigkeit erkennen. Damit habe Israel das Kriegsvölkerrecht verletzt. Auch gebe es Hinweise, dass israelische Soldaten Kinder und andere Zivilisten in Gefahr gebracht hätten, indem sie diese zwangen, in ihren von der Armee eingenommenen Häusern zu bleiben. Mehrfach seien Sanitäter und Krankenwagen unter Beschuss geraten, während sie versucht hätten, Verletzte zu retten oder Tote zu bergen.
Der Großteil der Opfer auf palästinensischer Seite kam laut Amnesty durch sogenannte Präzisionswaffen ums Leben, bei denen die Angriffsziele in allen Einzelheiten zu erkennen seien. Hinzu komme die Anwendung unpräziser Waffen, darunter mit weißem Phosphor bestückte Granaten. Diese hätten niemals in dicht besiedelten Gebieten verwendet werden dürfen, betonte die Menschenrechtsorganisation.
Die israelische Armee erklärte dagegen, sie habe das Völkerrecht beachtet und versucht, die Auswirkungen der Offensive auf Unbeteiligte so gering wie möglich zu halten. Ziel der Angriffe seien ausschließlich militärische Ziele gewesen. In vielen Fällen habe die Armee Sicherheitsvorkehrungen getroffen und etwa die Zivilbevölkerung vor Angriffen gewarnt.
ai: Hamas verbreitet Angst und Schrecken
Der Hamas wirft Amnesty vor, mit ihren Raketenangriffen auf israelische Städte Angst und Schrecken unter der Zivilbevölkerung verbreitet zu haben. Diese Problematik sei noch verschärft worden durch den Einsatz von Raketen längerer Reichweite, die über Ägypten nach Gaza geschmuggelt worden seien. "Angriffe auf zivile Ziele mit wahllosen Raketen verstoßen gegen das humanitäre Völkerrecht und sind unter keinen Umständen zu rechtfertigen", sagte Amnesty-Nahostexpertin Ruth Jüttner. Israel hatte als Ziel der Offensive genannt, den Raketenbeschuss aus dem Küstengebiet zu beenden.
Die Hamas reagierte auf die Anschuldigungen mit dem Vorwurf der Einseitigkeit. Der Bericht unterscheide nicht zwischen Angreifern und Opfern und lasse das Recht der Palästinenser auf Selbstverteidigung außer acht.
Der Untersuchung zufolge wurden in den Auseinandersetzungen rund 1400 Palästinenser getötet, darunter 300 Kinder und mehrere Hundert Zivilisten. Die Zahlen stimmen weitgehend mit den Angaben des von der Hamas geführten Gesundheitsministeriums und der unabhängigen Palästinensischen Zentrums für Menschenrechte überein. Die israelische Armee gibt die Zahl der Getöteten mit 1166 an, darunter 295 Zivilisten. Auf israelischer Seite kamen 13 Menschen ums Leben, darunter drei Zivilisten.
Quelle: ntv.de, rts