Holbrooke in Pakistan Kritik an US-Willkür
10.02.2009, 13:05 UhrDer neue US-Sondergesandte für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, ist bei seinem ersten Besuch in Islamabad mit Präsident Asif Ali Zardari zusammengekommen. Holbrooke traf außerdem den pakistanischen Außenminister Shah Mahmood Qureshi. Aus dem Außenministerium in Islamabad hieß es anschließend, zentrales Thema sei der wachsende Extremismus im halbautonomen Stammesgebiet an der Grenze zu Afghanistan gewesen. Qureshi habe betont, dass die USA Pakistan bei der Entwicklung dieser Region, die inzwischen in weiten Teilen von den Taliban kontrolliert wird, helfen müssten.
Islamabad habe außerdem um eine bessere Koordinierung bei militärischen Operationen gebeten, hieß es weiter. Zur Sprache gekommen seien auch die umstrittenen US-Luftangriffe auf Stellungen der Taliban und des Terrornetzes Al Kaida in den Stammesgebieten. Die pakistanische Regierung lehnt die Angriffe, bei denen immer wieder Zivilisten getötet werden, scharf ab. In den pakistanischen Stammesgebieten hatten die Taliban sich neu organisiert und von da aus die Rückeroberung von Gebieten in Afghanistan gestartet.
Nach seinem Besuch in Pakistan will Holbrooke am Donnerstag nach Afghanistan und später nach Indien reisen. Bei der Sicherheitskonferenz in München hatte der US-Sondergesandte am vergangenen Wochenende gesagt, er gehe von einem langen Krieg gegen Extremisten in der Region aus. "Es gibt keine Zauberformel für Afghanistan." Zu wenig militärische Schlagkraft und zu wenig zivile Hilfe seien Gründe, warum Al-Kaida- und Taliban-Kämpfer an Boden gewonnen hätten. "Alle Nachbarländer haben ihre Rolle zu spielen."
Wieder zwei tote NATO-Soldaten
Im Südosten Afghanistans sind unterdessen erneut zwei NATO-Soldaten einem Selbstmordattentat zum Opfer gefallen. Ein Sprecher der internationalen Friedenstruppe ISAF sagte, ein weiterer Soldat sei bei dem Anschlag auf einen Konvoi in der Provinz Chost nahe der Grenze zu Pakistan verletzt worden. Die meisten der im Osten Afghanistans stationierten Soldaten sind US-Militärs.
Karsai: Westen mitverantwortlich
Für das Wiedererstarken der Taliban hat der afghanische Präsident Hamid Karsai den Westen mitverantwortlich gemacht. In einem Interview mit der "Süddeutschen Zeitung" warnte er davor, dass willkürliche Militäraktionen der US-Truppen die Position seiner Regierung schwächen und den "afghanischen Rechtsstaat unterwandern". Karsai forderte die neue Regierung in Washington auf: "Hört auf mit zivilen Opfern, hört auf mit den Festnahmen und den Hausdurchsuchungen." Notwendig sei eine "Strategie, die sich mehr darauf konzentriert, Frieden herbeizuführen".
Nach dem Sturz der Taliban vor mehr als sieben Jahren hätten sich die internationalen Truppen "nicht rechtzeitig um die Rückzugsgebiete jenseits der Grenze gekümmert", kritisierte Karsai. Die Truppen müssten vor allem im Süden eingesetzt werden und dafür sorgen, dass die Grenze zu Pakistan besser gesichert werde.
Karsai, der auch eigene Fehler einräumte, zum Beispiel bei der Bekämpfung der Korruption, bekräftigte seine Bereitschaft zu Verhandlungen mit Taliban, die nicht zum Al-Kaida-Netzwerk gehören. Im Falle einer Einbindung der Islamisten könnten seiner Ansicht nach auch Teile der Scharia-Gesetzgebung angewendet werden, denn Afghanistan sei "eine islamische Republik und der Islam die Grundlage des Rechtssystems".
Deutschland bezeichnete Karsai als "größten Freund Afghanistans". Er sei dankbar für den Einsatz der Bundeswehr und werde nicht um zusätzliche Soldaten bitten. "Aber wenn Deutschland von sich aus entscheidet, mehr zu tun, sind wir sogar noch dankbarer", fügte er hinzu.
Quelle: ntv.de