Politik

Erster Parteitag seit 1997 Kuba muss Fehler korrigieren

Zum ersten Mal seit 1997 kommt die Kommunistische Partei Kubas zu einem Parteitag zusammen. Es wird erwartet, dass dieser den Rücktritt von Fidel Castro endgültig annimmt, den Weg zu Wirtschaftsreformen freimacht, sich aber dennoch zum Sozialismus bekennt.

Fidel Castro (l) wird seinem Bruder Raúl das Amt des Parteichefs überlassen.

Fidel Castro (l) wird seinem Bruder Raúl das Amt des Parteichefs überlassen.

(Foto: picture alliance / dpa)

Beim VI. Kongress der Kommunistischen Partei Kubas, der am 16. April in Havanna beginnt, geht es offiziell um eine "Aktualisierung" des sozialistischen Modells. Doch Kuba, das vor einem halben Jahrhundert den Sozialismus einführte, steht vor einer Zeitenwende. Bei diesem Parteitag wird Revolutionsführer Fidel Castro endgültig abtreten. Sein Bruder Raúl, seit fast fünf Jahren an der Staatsspitze, soll auch Parteichef werden und damit das wichtigste Amt Kubas übernehmen. Und die rund 1000 Delegierten sollen tiefgreifende Wirtschaftsreformen absegnen.

Auch jetzt ist wieder eine Menge Symbolik im Spiel: Vor genau 50 Jahren, am 16. April 1961, verkündigte Fidel den sozialistischen Charakter der Revolution. Einen Tag später landeten Exilkubaner aus den USA in der Schweinebucht, um Castro zu stürzen. Bis zum 19. April schlugen die Kubaner den Angriff nieder. An diesem 19. April endet der Kongress, vermutlich mit einem Bekenntnis zum Sozialismus.

Privatwirtschaft blüht auf

Aktuell aber ist eine Abkehr vom Sozialismus im Straßenbild der Städte Kubas schon nicht mehr zu übersehen. Seit Beginn des Jahres blüht die Privatwirtschaft auf. Immer mehr private Restaurants (Paladares) schießen aus dem Boden, an allen Straßenecken werden Film-DVDs und Musik-CDs verkauft. Es gibt Pizzabuden und Kaffeestände und es wird mit Haushaltswaren gehandelt. So überleben viele Kubaner die Wirtschaftskrise.

Das rasche Aufblühen des Straßenhandels ist die Folge des Beschlusses der Regierung, in den kommenden Jahren mehr als eine Million überflüssige Angestellte aus unproduktiven Staatsbetrieben zu entlassen. Notgedrungen traf die Regierung Mitte vergangenen Jahres diese Entscheidung, weil die sozialistische Planwirtschaft nicht in der Lage war, den durch die Weltwirtschaftskrise beschleunigten ökonomischen Niedergang des Landes aufzuhalten.

Castro-Soldaten schlugen 1961 den Angriff der Exilkubaner in der Schweinebucht nieder.

Castro-Soldaten schlugen 1961 den Angriff der Exilkubaner in der Schweinebucht nieder.

(Foto: picture alliance / dpa)

"Entweder wir berichtigen das oder wir vernichten die Bemühungen ganzer Generationen", sagte Präsident Raúl Castro im Dezember vor der Nationalversammlung. Damals kündigte er an, der jetzt bevorstehende Parteitag werde für die historischen Führer der kubanischen Revolution die letzte Gelegenheit sein, ihre "moralische Autorität" einzusetzen, um die Richtung für die Zukunft vorzuzeichnen.

Wie diese Richtung auszusehen hat, machte er auch klar: "Wir müssen die Fehler korrigieren, die wir in den fünf Jahrzehnten des Aufbaus des Sozialismus in Kuba begangen haben." Dann würden die Jungen die Revolution mit "Optimismus und unverrückbarem Glauben an den Sieg" weiterführen.

Doppelwährung abschaffen

So wird erwartet, dass der Parteitag das System der Doppelwährung mit dem einem Dollar entsprechenden konvertiblen Peso (CUC) und dem wertlosen nationalen Peso abschaffen wird. Schrittweise verschwinden soll auch die "Libreta" (Bezugsscheinheft), mit der Kubaner günstig subventionierte Waren in begrenzten Mengen erstehen können. Außerdem soll der An- und Verkauf von Wohnungen erlaubt werden.

Die Privatisierung schreitet auch ohne den Parteitag voran. 171.000 neue Lizenzen für Kleinunternehmen wurden nach jüngsten Angaben bereits bewilligt. "Ob es schon zu den angekündigten Massenentlassungen gekommen ist, dafür gibt es aber noch keine Anzeichen", sagte ein ausländischer Firmenvertreter in Kuba. Die Führung hat Angst vor möglichen Unruhen. Präsident Raúl Castro gab vor kurzem zu, dass die Pläne, nach denen bis zum April dieses Jahres 500.000 Menschen ihren Job verlieren würden, aufgeschoben wurden.

Opposition lehnt Parteitag ab

Die kubanische Opposition steht dem Parteitag unverändert ablehnend gegenüber. Sie fordert politische Reformen. "Wir brauchen keine "Aktualisierung", sondern einen Systemwechsel", sagt etwa der Dissident Guillermo Fariñas, Sacharow-Preisträger des EU-Parlaments 2010. Und Oswaldo Payá von der Christlichen Befreiungsbewegung, Sacharow-Preisträger 2002, übergab dem früheren US-Präsidenten Jimmy Carter bei dessen Besuch in Kuba Ende März einen Bericht über die Lage aus der Sicht der Opposition. "Die Kommunistische Partei kann nur etwas Gutes tun, wenn sie dem Volk zurückgibt, was dem Volk gehört", schrieb er, "alle Rechte und die Souveränität."

Quelle: ntv.de, Vicente Poveda und Franz Smets, dpa

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