Hormon-Skandal Künast fordert Konsequenzen
14.07.2002, 19:17 UhrDie Bundesministerin für den Verbraucherschutz, Renate Künast (Grüne), hat nach dem Skandal um Hormon-belastete Lebensmittel eine einheitliche europäische Futtermittel-Regelung gefordert. "Wir brauchen endlich eine europäische Regelung, auf der klar steht: Es darf im Futtermittel nur drin sein, was auch ausdrücklich erlaubt ist", sagte Künast.
Weiterhin seien strenge Kontrollen nötig, erklärte Künast, und griff die Futtermittel-Industrie erneut scharf an. Dies sei "einer der schärfsten Bereiche, in denen Wirtschaftskriminalität begangen wird - und zwar eine Kriminalität, die nicht nur finanziell, sondern die tatsächlich der Gesundheit der Menschen schadet", erklärte die Ministerin.
Hormon-belasteter Saft in Deutschland
Hormon-belasteter Glukosesirup aus Belgien ist offenbar auch nach Deutschland gelangt und zu Saft verarbeitet worden. Betroffen sind Betriebe in Brandenburg, Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz. Die Lieferungen liegen bereits ein gutes Jahr und länger zurück. Der Zuckersirup war möglicherweise mit dem in der EU verbotenen Hormon MPA (Medroxy-Progesteron-Azetat) verunreinigt.
Ein Brandenburger Betrieb erhielt vor 18 Monaten zwei Tankwagen des mit Hormon verunreinigten Zuckerkonzentrats der niederländischen Firma Bioland. Inzwischen sei der Saft verbraucht und Reste seien vernichtet worden, weil das Haltbarkeitsdatum überschritten gewesen sei.
Auch der in einer nordrhein-westfälischen Vertriebsfirma verarbeitete Flüssigzucker von Bioland - erhalten im Oktober 1999 - ist nach Angaben einer Sprecherin des Umweltministeriums in Düsseldorf bereits verkauft. Es müsse aber noch geklärt werden, ob die Firma zweifelsohne diejenige sei, die den belasteten Sirup vertrieben hat.
In belgischen Labortests ist MPA bereits in Erfrischungsgetränken nachgewiesen worden.
EU verzichtet auf einschränkende Maßnahmen
Die Länder der Europäischen Union wollen die möglichen Verteilungswege im Hormonskandal genau untersuchen, auf einschneidende Maßnahmen jedoch zunächst verzichten. Das ist das Ergebnis einer Beratung der Fachleute aus den Mitgliedstaaten bei einer Sondersitzung des EU-Ausschusses für Lebensmittelsicherheit.
Wie die EU-Kommission mitteilte, werden die Niederlande alle landwirtschaftlichen Betriebe und Futterproduzenten unter Aufsicht stellen, die unter Umständen in die Vertreibung des Hormons hineingezogen worden sind.
Verseuchtes Futter im Münsterland vermutet
Hormonbelastetes Tierfutter aus den Niederlanden ist möglicherweise auch ins Münsterland geliefert worden. Ein Hof mit 484 Schweinen in Stadtlohn (Kreis Borken) sei nach Hinweisen niederländischer Behörden geschlossen worden, teilte der Kreis mit. Es sei nicht ausgeschlossen, dass mit MPA belastetes Futter im April nach Stadtlohn gelangt sei. Der Betrieb habe so genanntes Weizenquellwasser, eine Futterkomponente, erhalten.
Quelle: ntv.de