FDP unter Druck Lammert fordert Finanzsteuer
20.01.2012, 11:01 UhrDer Druck auf die FDP, einer Finanztransaktionssteuer in der Eurozone zuzustimmen, wächst. Parlamentspräsident Lammert hält eine solche Steuer "für angemessen und überfällig", Unionsfraktionsvize Meister rechnet mit einer Einigung. Die FDP sträubt sich noch.

Norbert Lammert
(Foto: dapd)
Bundestagspräsident Norbert Lammert hat eindringlich zur Einführung einer Umsatzsteuer auf Finanzgeschäfte aufgerufen. "Ich halte eine Finanztransaktionssteuer für angemessen und überfällig", sagte er der "Welt".
"Von Kindernahrung über Kaffeemaschinen bis hin zu Autos und Produktionsanlagen wird alles und jedes umsatzbesteuert - Finanztransaktionen aber nicht." Dies sei einer durch die Turbulenzen der Finanzmärkte sensibilisierten Öffentlichkeit nicht zu vermitteln, so Lammert.
Der CDU-Politiker fügte hinzu, er halte das Anliegen für "so dringlich, dass wir eine Finanztransaktionssteuer in einer möglichst großen Anzahl von Ländern - mindestens in der Eurozone - realisieren sollten".
Genau dies ist zwischen Union und FDP umstritten: Während Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel die Einführung einer Finanzsteuer nur in der Eurozone befürwortet, lehnt die FDP dies bislang ab. Die Liberalen wollen einer solchen Steuer nur zustimmen, wenn sie in allen Ländern der EU eingeführt wird. Da Großbritannien dies kategorisch ausschließt, könnte eine Finanzsteuer dann nicht eingeführt werden.
Lammert rechnet mit Nachahmern
Lammert machte deutlich, dass er die Einführung einer Finanztransaktionssteuer nur in der Eurozone mit der Erwartung verbinde, dass sich im Lauf der Zeit weitere Länder anschlössen. Die angestrebte Lösung für die gesamte Europäische Union werde allerdings "schwierig, weil Großbritannien und andere Länder dem nicht oder ungern folgen wollen".
Die EU-Kommission hatte im Herbst einen Vorschlag für eine Finanztransaktionssteuer in allen 27 EU-Staaten vorgestellt. Die Abgabe soll ab 2014 auf Transaktionen erhoben werden, wenn ein Akteur in der EU ansässig ist. Der Handel mit Anteilen und Anleihen würde mit einem Satz von 0,1 Prozent, Derivate mit 0,01 Prozent besteuert. Brüssel erhofft jährliche Einnahmen von etwa 57 Milliarden Euro.
Meister rechnet mit Einigung
Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Michael Meister, rechnet mit einer raschen Einigung der schwarz-gelben Koalition beim Thema Finanztransaktionssteuer. Für den Fall, dass es nicht zu einer Einführung in ganz Europa komme, werde man das "möglichst schnell im Koalitionsausschuss bereden", sagte Meister im Deutschlandfunk. "Unser Ziel muss es sein, dass wir nach wie vor eine erfolgreiche Koalition haben."
Rösler folgt britischem Vorbild
Wirtschaftsminister Philipp Rösler brachte in der "Rheinischen Post" unterdessen eine Börsenumsatzsteuer nach britischem Vorbild - die Stempelsteuer - als Alternative ins Gespräch. Er warnte, man müsse einseitige Wettbewerbsnachteile für den Finanzstandort Deutschland und zulasten der Kunden vermeiden. Es sei daher sinnvoll, gemeinsam mit Großbritannien und den anderen europäischen Staaten über das britische Modell zu sprechen. Die Stempelsteuer ist ein geringer Aufschlag auf Börsengeschäfte, der dem britischen Staat laut "Rheinischer Post" im Jahr 2006 umgerechnet 4,6 Milliarden Euro einbrachte.
Quelle: ntv.de, dpa/AFP