EU-Pläne wollen auch Ausweichler einfangen So funktioniert die Börsensteuer
10.01.2012, 13:25 Uhr
Das Spiel mit dem Lasso will gelernt sein.
(Foto: picture alliance / dpa)
Mit einer Steuer auf Börsengeschäfte sollen die Finanzmärkte an den Krisenkosten beteiligt werden und für sie zugleich besonders riskante Geschäfte unattrraktiv werden. Damit die Börsenumsätze nicht einfach steuerschonend an andere Börsen verschoben werden, hat sich die EU etwas ausgedacht.
Die schwarz-gelbe Koalition streitet über die Einführung einer Finanztransaktionssteuer in der EU oder nur in der Euro-Zone. Dazu liegt ein Vorschlag der EU-Kommission auf dem Tisch. Für eine EU-weite Umsetzung fehlt wohl die Zustimmung aller 27 Mitglieder, doch das Papier könnte auch als Grundlage für eine Einführung in der Eurozone dienen. Im Einzelnen soll die Steuer so ihre Wirkung entfalten:
Erhoben wird die Steuer grundsätzlich auf alle Geschäfte, die zwischen Finanzinstituten mit Finanzinstrumenten wie beispielsweise Aktien abgewickelt werden. Für Aktien ist ein Steuersatz von 0,1 Prozent vorgesehen, für Derivatekontrakte - wie Termingeschäfte - von 0,01 Prozent. Die Mitgliedsstaaten könnten aber auch höhere Sätze festlegen.
Lange Hand
Um zu verhindern, dass die kritischen Finanzgeschäfte einfach an Handelsplätze außerhalb der EU verlegt werden, um so die Steuer zu umgehen, soll das Standortprinzip gelten. Das heißt: Entscheidend ist gar nicht, ob ein Geschäft etwa an der Frankfurter Börse oder auf den Cayman-Inseln abgewickelt wird, sondern nur, wo die Handelnden angesiedelt sind. Hat mindestens einer der Beteiligten an einem Finanzgeschäft seinen Sitz in der EU, wird die Steuer für beide Seiten fällig.
Eine Bank könnte zwar ihren Hauptsitz verlegen, wenn sie aber weiter Geschäfte mit Partnern in der EU macht, bleibt sie trotzdem steuerpflichtig. Betroffen wären neben Banken und Versicherungen auch Fonds oder Hedgefonds, Finanzverleihunternehmen oder Zweckgesellschaften.
Besteuert werden sollen sowohl Transaktionen, die an organisierten Märkten, als vor allem den klassischen Börsen, durchgeführt werden als auch im sogenannten Freiverkehr ("Over The Counter", kurz OTC), der insbesondere beim Handel zwischen Banken üblich ist. OTC-Derivate sind weniger standardisiert und werden zwischen zwei Parteien gehandelt. Durch die Steuer würden insgesamt etwa 85 Prozent der zwischen Finanzinstituten durchgeführten Transaktionen erfasst werden.
Kredite oder Versicherungspolicen außen vor
Die Steuer soll nicht die normalerweise von Privatkundenbanken für ihre Kunden (private Haushalte, Unternehmen) ausgeführten Transaktionen erfassen. Sie würde also nicht auf Hypotheken, Kredite, Versicherungsbeiträge oder Devisenkassageschäfte von Unternehmen erhoben. Allerdings würde sie fällig beim Handel mit Aktien und anderen Anteilen. In dem Fall könnte eine Bank etwa beim Kauf von Aktien in Höhe von 10.000 Euro die Kosten von zehn Euro auf den Kunden abwälzen.
Der EU-Kommission zufolge bringt ihr Vorschlag jährliche Einnahmen von 57 Mrd. Euro. Der Betrag soll zwischen der EU und den EU-Mitgliedsstaaten aufgeteilt werden. Die Steuer soll nach dem Kommissionsvorschlag Anfang 2014 in Kraft treten.
Quelle: ntv.de, nne/rts