
Der Wahlkampf läuft nicht gut für Laschet. Da wirkte sein Auftritt im Bundestag wie eine Verschnaufpause.
(Foto: imago images/Future Image)
Der 30-Milliarden-Hilfsfonds für die Flutopfer passiert die erste Hürde im Bundestag. Eine Formsache, die den Kanzlerkandidaten Scholz und Laschet eine Bühne bietet. Gerade dem CDU-Chef verschafft sie ein bisschen Luft zum Atmen.
Längst hat die Afghanistan-Krise die Flutkatastrophe in Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz wieder aus den Schlagzeilen verdrängt. Doch auch wenn mit Hochdruck geräumt, gesäubert und instandgesetzt wird, es wird noch lange Jahre, vielleicht ein Jahrzehnt dauern, bis alles wieder gut ist. Schnelle und unbürokratische Hilfe versprach die Politik und die soll nun auch fließen. Der geplante Hilfsfonds über 30 Milliarden Euro passierte am Nachmittag wie erwartet den Bundestag. Nebeneffekt: So bekam auch NRW-Ministerpräsident Armin Laschet wieder eine Chance, im deutschen Parlament zu sprechen.
Fast wirkt das graue Rednerpult wie eine kleine Rettungsinsel für den CDU-Chef und strauchelnden Kanzlerkandidaten. Zurzeit scheint es so, als ob immer etwas schiefgeht, sobald er irgendwo auftaucht. Das ging ausgerechnet mit der Flut so richtig los, um die es an diesem Nachmittag gehen soll. Da war sein Lachen und Feixen, als Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier staatstragende Worte zur Flut sprach. Was ihn da geritten hat, weiß er wohl nur selbst. Seitdem wirkt es fast so, als sei er zum Abschuss freigegeben.
Bei vielen Menschen ist er jedenfalls unten durch, wenn man Umfragen glauben darf. Nur um die 15 Prozent möchten ihn als Kanzler, nicht einmal die Hälfte der Unionsanhänger steht hinter ihm. Auch Markus Söder hört nicht auf, gegen ihn zu sticheln. Was nicht nett ist, aber die Frage heraufbeschwört: Wenn er mit Söder nicht fertig wird, was ist dann mit Putin oder Erdogan? Laschet wirkt auf Terminen nervös, die Kameras fangen alles unerbittlich ein, auf sozialen Medien wird jeder Minifehltritt ausgewalzt. Doch er bewirbt sich nun mal um das wichtigste Amt im Staat. Ein Wahlkampf ist eben auch ein Test, ob man die "Hitze ertragen kann", wie es in den USA dann immer heißt. Und zuletzt ist der Kandidat ins Schwitzen geraten.
"Ein wunderschönes Signal"
Doch der Bundestag ist vertrautes Terrain - ein Rednerpult, vor ihm nur andere Politiker, kaum ein Fallstrick lauert hier. Er ist in seiner Eigenschaft als Ministerpräsident da und kann nicht viel falsch machen. Laschet sagt, was gesagt werden muss: Dass die Hilfsgelder nur materielle Schäden wiedergutmachen können, nicht aber den Verlust der 180 Menschenleben. Er zeigt sich mitfühlend und nah dran. Erzählt von den Sorgen der Unternehmen, von einer Frau, die mit ihrer Wohnung auch ihre persönlichen Erinnerungsgegenstände verlor. Wie unbürokratisch die Soforthilfe floss. Wie dankbar er für die bundesweite Solidarität ist, besonders aber für die aus Ostdeutschland. "Eine Hilfe von Ost nach West, ein wunderschönes Signal."
Laschet kann fast froh sein, dass er gerade nicht in der Bundesregierung ist. Dann hätte er sich der Diskussion um die Lage in Afghanistan stellen müssen, so wie Kanzlerin Angela Merkel im vorangegangenen Tagesordnungspunkt. Die wurde hart von Annalena Baerbock attackiert, in der Debatte flogen die Wahlkampffetzen. Laschet bekommt es nur mit Anton Hofreiter zu tun, der seiner Union lautstark vorhält, den Ausbau der erneuerbaren Energien in den vergangenen 16 Jahren ausgebremst zu haben. Aber das trifft Merkel oder auch Olaf Scholz stärker als ihn.
Zwar wirkte er im Bundesrat an der Bundespolitik mit, doch dem Bundeskabinett hat Laschet in den vergangenen anderthalb Jahrzehnten nie angehört. Ein Problem ist die derzeitige Regierung trotzdem für ihn. Denn er kann schwerlich die eigene Kanzlerin so herzhaft attackieren, wie Baerbock das als Oppositionspolitikerin tut. Er kann auch sein lang erwartetes Kompetenzteam nicht verkünden, ohne einige wichtige Parteigrößen vor den Kopf zu stoßen, von denen die eine oder andere außen vor bleiben müsste. Dabei sind solche Teammitglieder eigentlich dafür da, die Schwächen des Kandidaten auszugleichen.
Nichtangriffspakt mit Scholz
Immerhin gibt es ja noch die AfD. Ein bisschen Wahlkampfstimmung kommt auf, als Laschet in den Infight mit Alice Weidel und Kai Gottschalk geht. Die leugnen, dass der Klimawandel menschengemacht ist und werfen ihm vor, dass die Warnsysteme in NRW versagt hätten. Laschet lässt die Kritik, die in der Sache auch die SPD im Düsseldorfer Landtag ähnlich vorgebracht hatte, abtropfen.
Olaf Scholz hingegen musste sich keiner Angriffe des CDU-Kandidaten erwehren. Der Finanzminister und SPD-Kanzlerkandidat im Umfrageaufwind sprach vor Laschet, zeigte sich ebenso beeindruckt von der bundesweiten Solidarität und fordert einen entschlossenen Ausbau der erneuerbaren Energien. Spitzen gegen Laschet unterließ auch er. Aktuell muss er ja auch nicht viel mehr machen, als Olaf-Scholz-mäßig Ruhe und Kompetenz auszustrahlen. Das gefällt immer mehr Wählern, bei denen er mit Abstand die größten persönlichen Zustimmungswerte genießt. Und die SPD ist im Trendbarometer von RTL und ntv gar in die Führungsposition gerutscht.
In dieser Sitzung sollte wohl der Wahlkampf eher vor der Tür bleiben. Angesichts des Themas verständlich. Aber irgendwann muss Laschet dann doch wieder vor diese Tür und noch ein wenig kämpfen. So heimelig wie im Bundestag wird es nicht mehr oft sein.
Quelle: ntv.de