Politik

Bedrohung durch Raketen? Lawrow bezweifelt Gefahr

Der russische Außenminister Sergej Lawrow bezweifelt, dass Europa und die USA durch feindliche Raketen bedroht sind. In einem Gastbeitrag zum umstrittenen amerikanischen Raketenabwehrschild schreibt Lawrow in der "Financial Times Deutschland", er sei überzeugt, dass weder heute noch in absehbarer Zukunft eine derartige Bedrohung für Europa oder die USA bestehe.

"Keiner der so genannten Schurkenstaaten besitzt Raketen, die Europa ernsthaft gefährden können", schreibt Lawrow. Der Bau von Raketen, mit denen die USA getroffen werden könnten, sei technologisch sogar noch schwieriger. Lawrow warnt allerdings vor Bedrohungen, "die sich durch unbedachte Handlungen im Sinne einer selbst erfüllenden Prophezeiung entwickeln". Der russische Außenminister sprach von "Hirngespinsten", die die Friedensbemühungen Russlands, der EU und der USA im Nahen und Mittleren Osten zu erschweren drohten.

Die US-Regierung von Präsident George W. Bush will als Abwehrschirm zehn Raketen in Polen installieren und begründet dies mit der aus ihrer Sicht wachsenden Bedrohung durch iranische Raketen. Die Radaranlagen sollen in Tschechien aufgestellt werden.

Unionspolitiker fordern Abwehrstrategie

Die Äußerungen der iranischen Führung über eine mögliche Uran-Anreicherung im industriellen Maßstab haben die deutsche Debatte über Raketenabwehrschirme verschärft. CSU-Außenpolitiker Eduard Lintner forderte in der "Bild"-Zeitung: "Der US-(Raketen-)Abwehrschirm muss über ganz Europa ausgedehnt werden. Dabei müssen wir notfalls auch bereit sein, Raketen in Deutschland aufzustellen."

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses des Bundestags, Ruprecht Polenz (CDU), sagte: "Teheran hält unbeirrt an seinem Atomprogramm und an seiner Raketenrüstung fest." Deshalb gehöre die Frage einer gemeinsamen Abwehr auf die Tagesordnung der NATO. "Wir sollten ein Interesse haben, gemeinsam einen Schutzschild zu entwickeln."

Auch der außenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Eckart von Klaeden (CDU), warb im RBB-Inforadio dafür, das nationale US-System mit dem System der NATO zu verknüpfen. Der USA-kritische Ton in den Debatten in Deutschland müsse angesichts des iranischen Verhaltens der Vergangenheit angehören. Vor allem SPD-Chef Kurt Beck lehnt das Projekt ab, weil er dadurch die Gefahr eines Wettrüstens erhöht sieht.

Nach Worten des Union-Außenpolitikers Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gehen von "Teherans nuklearen Ambitionen und seinem weit fortgeschrittenen Raketenprogramm künftige Gefahrenpotenziale für die Sicherheit Deutschlands und seiner Verbündeten aus". Notwendig seien eine schonungslose Neubewertung gegebener und etwaiger Sicherheitsrisiken und geeignete Schritte, um die Sicherheit Europas zu gewährleisten.

Warnung vor "rhetorischer Eskalation"

Der FDP-Politiker Werner Hoyer warnte vor "rhetorischer Eskalation". Gefragt seien Besonnenheit und Entschlossenheit. "Eine politische Lösung des Konfliktes um das iranische Atomprogramm bleibt trotz aller Provokationen alternativlos."

Quelle: ntv.de

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