Kritik an Corona-Politik Leopoldina-Vize: "Kakofonie" beenden
29.11.2021, 10:49 Uhr
In Sachen Kontaktreduktion sind Weihnachtsmärkte eher kontraproduktiv.
(Foto: picture alliance / Daniel Kubirski)
Für die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Leopoldina gibt es derzeit nur einen Weg, die Corona-Welle zu brechen: Die Kontakte müssen drastisch reduziert werden. Außerdem mahnt der Vizepräsident der Akademie, Schlögl, die Politik müsse endlich mit einer Stimme sprechen.
Der Vizepräsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina hält bundeseinheitliche Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung für "extrem wichtig". Mit einem Krisenstab, wie ihn die neue Regierung plant, könne die "Kakofonie" im Umgang mit dem Virus beendet werden, sagte Robert Schlögl im Inforadio vom RBB. Außerdem müssten die Kontakte schnellstmöglich reduziert werden. Zu einem möglichen Lockdown sagte Schlögl: "Das Wort darf man nicht sagen, aber natürlich ist die erste Maßnahme, wenn man sich überlegt, die jetzige Pandemie einzudämmen, einfach Kontaktreduktion, denn Impfen wirkt nicht sofort." Wichtig sei auch eine sofortige Impfpflicht für Beschäftigte im Gesundheitswesen, betonte Schlögl.
Bund und Länder müssten jetzt einheitlich argumentieren und einheitlich handeln, forderte der Wissenschaftler. Deshalb sei der vorgesehene Corona-Krisenstab im Kanzleramt extrem wichtig. Darin müsse auch die Leopoldina vertreten sein. Zu seinem Drängen auf eine rasche Impfpflicht sagte Schlögl, selbst wenn man jetzt alle impfen würde, brauche es noch mindestens bis Weihnachten, ehe das wirke. "Jeder Tag, den wir hier vertun, ist ein Tag, der schwere Gesundheitsschäden und Tote fordert", warnte er. Es müsse generell dafür gesorgt werden, dass sich alle impfen lassen, die es jetzt noch nicht getan haben. Darüber hinaus müsse das Boostern organisiert werden. Dabei dürfe es nicht passieren, dass an irgendeiner Stelle der Impfstoff fehle.
Für den Fall, dass nicht sofort gehandelt werde, werde die aktuelle vierte Corona-Welle weiter anwachsen, warnte Schlögl. Sie werde dann zwar irgendwann natürlicherweise abebben, danach werde es ohne Gegenmaßnahmen jedoch gleich wieder eine fünfte Welle geben. Die wissenschaftlichen Modelle hierfür seien sehr präzise. "Wenn wir glauben, dass wir durch Meinungen dagegen argumentieren können, wird uns die Natur einfach eines Besseren belehren", stellte der Wissenschaftler klar.
Die Leopoldina hatte am Wochenende angesichts des dynamischen Corona-Infektionsgeschehens unter anderem sofortige umfassende Kontaktbeschränkungen empfohlen. "Unmittelbar wirksam ist es aus medizinischer und epidemiologischer Sicht, die Kontakte von Beginn der kommenden Woche an für wenige Wochen deutlich zu reduzieren", heißt es in einer am Samstag veröffentlichten Stellungnahme. "Aufgrund der nachlassenden Immunität müssten diese Maßnahmen vorübergehend auch für Geimpfte und Genesene gelten, die in dieser Zeit eine Auffrischungsimpfung erhalten müssen."
Quelle: ntv.de, fzö/dpa/AFP