Politik

Staatsbesuch am Tag der Vertrauensfrage Letta zeigt den Europäer in sich

Enrico Letta im Kanzleramt.

Enrico Letta im Kanzleramt.

(Foto: AP)

Direkt nachdem ihn das Parlament in seinem Amt bestätigt, macht sich der neue italienische Ministerpräsident zu seinem ersten Staatsbesuch auf. In Berlin wirbt er um das Vertrauen von Angela Merkel.

Der neue italienische Ministerpräsident Enrico Letta hat bei seinem Antrittsbesuch in Berlin die Fortsetzung der Konsolidierungspolitik zugesichert. "Wir werden sämtliche Verpflichtungen gegenüber unseren Partnern einhalten", sagte Letta bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. Zugleich bekräftigte der sozialdemokratische Chef einer großen Koalition die Forderung nach einer europäischen Wachstumspolitik. Merkel bescheinigte Italien Fortschritte bei der Sanierung des Etats. Dabei stünden Wachstum und Konsolidierung nicht gegeneinander, sondern seien gleichberechtigt.

Unmittelbar vor seiner Reise nach Berlin hatte der Senat in Rom der Regierung Letta das Vertrauen ausgesprochen. Die Koalition seiner Demokratischen Partei mit dem Mitte-Rechts-Bündnis des umstrittenen Ex-Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi wird damit von beiden Kammern des Parlaments getragen. Deutschland ist das erste Partnerland, das der neue Regierungschef besucht. Am Mittwoch trifft Letta in Paris mit dem französischen Präsidenten Francois Hollande zusammen, der ebenfalls eine stärkere Förderung des Wachstums verlangt. Als weitere Etappe seiner Europareise ist ein Abstecher nach Brüssel geplant, wo Letta mit EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso sprechen will.

Letta versicherte in Berlin, seine Regierung werde eine starke europäische Ausrichtung haben. Sie wolle die Banken-, Fiskal- und politische Union Europas vorantreiben. Dabei müsse sich Europa verpflichten, nicht nur bei der Sanierung der Staatsfinanzen voranzugehen. Europa müsse genau so viel Engagement für das Wachstum der Wirtschaft zeigen, wie für die Konsolidierung.

Differenzen in Rom

Merkel sagte, die Fiskalpolitik sei nicht alles, aber das Bekenntnis zu soliden Haushalten sei wichtig. Auf diesem Weg habe Italien bereits einiges erreicht. "Wir müssen uns davon befreien, dass solide Finanzen und Wachstum in irgendeiner Weise Gegensätze sind", ergänzte die Kanzlerin. Beide bedingten einander. Die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit bezeichnete Merkel als zentrale Aufgabe in Europa. Italien leidet seit mehreren Jahren unter einer Rezession mit hoher Beschäftigungslosigkeit vor allem unter jungen Leuten.

In Lettas Regierung kam derweil eine Diskussion über eine Neuverhandlung der Defizit-Verpflichtungen auf. Während zwei Ressortchefs Gespräche mit der EU forderten, bezeichnete Außenministerin Emma Bonino das Ziel einer Neuverschuldung von 2,9 Prozent des BIP als unveränderbar. Auch an anderer Stelle erhöhte sich der Druck auf Letta: Die größten Gewerkschaften kündigten für den 22. Juni Proteste an.

Letta erklärte in Rom, auch viele andere europäische Staaten benötigten angesichts ihrer wirtschaftlichen Probleme eine Anpassung des Sparprogramms. "Entweder gibt es ein gemeinsames europäisches Ziel oder jedes Land wird früher oder später allein zugrunde gehen", sagte er. In seiner ersten Regierungserklärung am Montag in Rom hatte Letta gefordert, die Wirtschaftspolitik des Landes umgehend auf Wachstum auszurichten. Zwar bekannte er sich zu den europäischen Sparzielen. Allerdings müsse Europa zu einem Motor des Wachstums werden.

Quelle: ntv.de, rts

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