Es rumort im Bundesvorstand der FDP Liberale fordern Asyl für Snowden
08.07.2013, 14:00 Uhr
59 Prozent der Deutschen fordern Asyl für Edward Snowden.
(Foto: picture alliance / dpa)
Eigentlich ist die Entscheidung längst gefallen: Die Bundesregierung gewährt dem Whistleblower Edward Snowden keinen Schutz. In der FDP allerdings wehrt sich manch einer gegen diesen Kurs. Was hat es mit dem - ziemlich aussichtslosen - Protest auf sich?
Wohin mit Edward Snowden? Der Whistleblower, der die weltweiten Spähaktionen des US-Geheimdienstes NSA aufgedeckt hat, steckt weiterhin auf einem russischen Flughafen fest und sucht Asyl. Obwohl Deutschland eine Anfrage des 30-Jährigen vor Tagen abgelehnt hat, mehren sich in der schwarz-gelben Koalition die Stimmen, ihm in der Bundesrepublik Schutz zu gewähren. Gleich drei Mitglieder des Bundesvorstands der FDP fordern seine Aufnahme - und denken dabei womöglich auch an die Bundestagswahl im September.
Es gebe "einige gute Gründe dafür, Snowden aufzunehmen", sagte der Abgeordnete Hartfrid Wolff der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Als Beispiel nannte er Snowdens mögliche Funktion als Zeuge für den Fall, dass die Bundesanwaltschaft wegen der Spähaktionen des US-Geheimdienstes NSA Ermittlungen aufnimmt.
Schon in der vergangenen Woche setzte sich der Chef der Jungen Liberalen, Lasse Becker, für Snowden ein. Freunde dürfe man nicht wie Terroristen behandeln, sagte er. Politisches Asyl wäre "durchaus angemessen".
Ähnlich äußerte sich Hessens Justizminister Jörg Uwe Hahn. Europa solle Snowden "ausdrücklich einen sicheren Aufenthalt in der Europäischen Union anbieten", sagte er. "Dabei ist es mir gleich, ob man es Asyl, Zeugenschutz oder Aufenthaltsgenehmigung nennt."
Wenig Hoffnung auf Schutz in Deutschland
Snowden allerdings dürfte seine Hoffnungen, Unterschlupf in Deutschland zu finden, längst verloren haben. Eine Aufnahme im Rahmen des Aufenthaltsrechts, das die Bundesrepublik unter anderem dann nutzen kann, wenn die politischen Interessen Deutschlands betroffen sind, lehnte die Bundesregierung in der vergangenen Woche ab. Sie wich einem diplomatischen Eklat aus, wagte es nicht, Washington wegen des Falles derart zu brüskieren. Auch Snowdens Asylgesuch hatte keinen Erfolg. Das deutsche Asylrecht schreibt vor, dass ein Antragsteller sich auf deutschem Hoheitsgebiet befinden muss, um rechtskräftig ein Gesuch zu stellen. Snowden befand sich aber schon zur Zeit seines Asylantrags im Transitbereich des russischen Flughafens Scheremetjewo.
Und selbst wenn es Snowden jetzt noch gelingen sollte, in die deutsche Botschaft in Russland zu flüchten, um dort Asyl zu beantragen, müssten die Behörden ihn an Washington überstellen. Zwischen der EU und den USA bestehen im Rahmen der juristischen Amtshilfe Auslieferungsabkommen, die laut Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Vorrang vor dem Anspruch auf Asyl genießen.
Dass namhafte FDP-Politiker sich trotzdem für Snowden einsetzen, lässt sich da eigentlich nur auf eine Weise erklären. Manch einer in der FDP wittert im Spähskandal die Chance, das Profil der Liberalen als Bürgerrechtspartei vor der Bundestagswahl zu schärfen.
Einer Emnid-Umfrage von Ende Juni zufolge hält die Hälfte der Deutschen Snowden für einen Helden. 35 Prozent von ihnen würden ihn sogar bei sich zu Hause verstecken.
Entscheidungsträger scheuen Eklat
Die Entscheidungsträger in der FDP allerdings sehen sich auch kurz vor der Bundeswahl und trotz magerer Umfragewerte offensichtlich noch den juristischen Zwängen, vor allem aber der Diplomatie verpflichtet. Außenminister Guido Westerwelle sagte der "Bild am Sonntag": "Die Vereinigten Staaten von Amerika waren, sind und bleiben unsere engsten Verbündeten und Freunde außerhalb Europas. Und wir werden es gemeinsam schaffen, dass sich die dunklen Wolken der Abhöraffäre wieder am Himmel verziehen." Westerwelle bekräftige vor diesem Hintergrund die Entscheidung der Bundesregierung, Snowden nicht zu schützen. "Die USA sind ein Rechtsstaat mit unabhängiger Justiz."
Deutlich wahrscheinlicher als eine Aufnahme in Deutschland ist daher eine Flucht Snowdens nach Venezuela. Das Land sei vielleicht seine "letzte Chance", schrieb der Chef des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma Alexej Puschkow bei Twitter. "Das Land befindet sich bereits in einem heftigen Konflikt mit den USA. Schlechter kann es nicht werden." Neben Venezuela boten Snowden lediglich Nicaragua und Bolivien Asyl an.
Quelle: ntv.de