Politik

Ernst will Personaldebatte unterbinden Linke-Chef bangt um Wahlen

Bloß nicht zu viel über die Lötzsch-Nachfolge reden, findet Klaus Ernst.

Bloß nicht zu viel über die Lötzsch-Nachfolge reden, findet Klaus Ernst.

(Foto: dpa)

Der vorübergehend alleinige Linke-Chef Ernst will, dass seine Genossen erst einmal nicht darüber redet, wie es nach dem Rücktritt von Lötzsch an der Parteispitze weitergeht. Schließlich muss seine Partei demnächst zwei Wahlen überstehen. Doch sein Appell kommt zu spät: Die Debatte ist bereits in vollem Gange.

Die Linke hat ein Personalproblem. Mit dem Abgang von Parteichefin Gesine Lötzsch ist die Frage der Verteilung der Spitzenposten wieder in vollem Gange. Doch trotz der offenen Frage will der Linke-Vorsitzende Klaus Ernst Diskussionen über die künftige personelle Aufstellung vorerst vermeiden. Denn die Vakanz kommt kurz vor den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen ungelegen.

Ernst fürchtet, dass Führungsdiskussionen die Wahlchancen schmälern. "Wir müssen jetzt alle Kraft in den Wahlkampf stecken und nicht in unsinnige Führungsdebatten", sagte Ernst der "Passauer Neuen Presse". "Parteien, die sich im Wahlkampf mit sich selbst beschäftigen, sind nicht erfolgreich", fügte der Parteichef hinzu.

Bartsch ist der einzige erklärte Kandidat

Doch der Appell Ernsts kommt zu spät. Der Landesparteichef von Mecklenburg-Vorpommern, Steffen Bockhan, will die Personaldebatte nicht unterm Deckel halten. "Basisdemokratie stelle ich mir anders vor, als dass jemand nach der Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen eine Pressekonferenz gibt und dort erklärt, wer die Parteiführung bildet", sagte Bockhahn der "Mitteldeutschen Zeitung". "Ich finde es schwierig, wenn man als Parteimitglied nur 14 Tage Zeit hat, sich Gedanken darüber zu machen, ob das, was dann verkündet wird, auch die richtige Lösung ist."

Bockhahn ergänzte im Deutschlandfunk, derzeit lägen keine weiteren erklärten Kandidaturen neben der von Dietmar Bartsch vor. "Weder für den Vorsitz noch für die Stellvertretung noch für die Geschäftsführung", betonte er. "Das ist ein Punkt, über den man mal ernsthaft reden muss."

Auch der sächsische Linken-Chef Rico Gebhardt hätte sich eine Klärung personeller Fragen vor der NRW-Wahl gewünscht. "Dem Spiegel" sagte er: "Man hätte nach dem überraschenden Rücktritt von Gesine Lötzsch bereits vor der NRW-Wahl Klarheit für die personelle Aufstellung mit Blick auf die Bundestagswahl schaffen können - das würde auch für Klarheit bei den Wählern sorgen."

Der Vorsitzende der Thüringer Linksfraktion, Bodo Ramelow, stellte sich zwar hinter Ernsts Forderung, vorerst keine Debatten zu führen. Der "Frankfurter Rundschau" sagte er: "Ich sage, in Nordrhein-Westfalen muss die Gesamtpartei agieren, und zwar gesamtdeutsch. Auch die Ostländer müssen im Wahlkampf in NRW kraftvoll zupacken. Da geht es um uns alle."

Linke wählen neue Spitze Anfang Juni

Doch Ramelow, der sich nach dem Rückzug von Lötzsch als einer der ersten über die nötige personelle Neuaufstellung geäußert hatte, bekräftigte, seine Wunschkombination an der Parteispitze seien der Ostdeutsche Bartsch und die Westdeutsche Sahra Wagenknecht. Für die Spitze der Bundestagsfraktion wünsche er sich den bisherigen Chef Gregor Gysi und Oskar Lafontaine.

Den jüngsten Meinungsumfragen zufolge liegt die Linke in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen, wo im Mai gewählt wird, bei weniger als fünf Prozent. Ernst bekräftigte, dass er die Partei bis zur Neuwahl des Vorstandes Anfang Juni alleine führen werde. Er selbst wollte sich aber erneut nicht festlegen, ob er im Juni noch einmal zur Wiederwahl antritt.

Die künftige Parteispitze soll auf einem Parteitag am 2. und 3. Juni in Göttingen gewählt werden - nur wenige Wochen nach den Wahlen in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen.

Quelle: ntv.de, jog/AFP/dpa

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