Kein Mut, keine Überraschungen Linke machen es sich leicht
16.06.2013, 16:34 Uhr
Die Linke hätte bei der Wahl die Stimmen der Euro-Skeptiker einsammeln können. Der Verlockung kann sie widerstehen. Etwas Besseres fällt ihr aber auch nicht ein.
Für die Anhänger der Linkspartei kommt aus Dresden zunächst einmal eine gute Nachricht: Die Streits sind beigelegt, die Konflikte eskalieren nicht, die Linke kann sich wieder auf ihren Kern, eine sozialistische Umverteilungspolitik konzentrieren.
Die Linke setzt im Bundestagswahlkampf auf Umverteilung von oben nach unten: Die Partei will die Reichen stärker zur Kasse bitten.
Eine Erhöhung der Steuern und Abgaben an verschiedenen Stellen soll jährlich 180 Milliarden Euro zusätzlich in die öffentlichen Haushalte spülen. Dies Geld soll in höhere Sozialleistungen für Einkommensschwache fließen. Hier die wichtigsten Eckpunkte des Entwurfs.
Wer allerdings mehr erwartet hatte, wurde an diesem Wochenende enttäuscht. Das beschlossene Wahlprogramm enthält keine neuen Ideen dazu, wie die Krise und ihre sozialen Folgen bekämpft werden sollen. Geht es nach der Linken, zahl en Reiche sehr viele Steuern und wer arm ist, wird vom Staat gut versorgt. Busse un d Bahnen sollen kostenlos sein, Arbeiter sollen mindestens 12 Euro pro Stunde verdienen und in Deutschland sollen keine Waffen mehr hergestellt werden. Alles schon mal da gewesen, alles bekannt.
Gleichzeitig protestieren in Griechenland, Spanien und Portugal die Massen, die Arbeitslosigkeit in vielen Ländern Europas steigt in unerträgliche Höhen, Millionen rutschen in die Armut, bei Wahlen zeigen sich linke, rechte und antipolitische Auswüchse. Europa sucht nach Antworten.
Euro-Kurs so unbestimmt wie bei den anderen
Die Linke in Deutschland hat sich dagegen entschieden, eine neue Antwort zu geben. Sie kritisiert ganz allgemein die Sparprogramme und schiebt die Schuld auf Angela Merkel. Eine neue Lösung der sozialen Nöte hat sie nicht anzubieten.
Dass die anderen Bundestagsparteien in merkwürdiger Einigkeit seit Jahren spek takuläre Manöver zur Eurorettung vollziehen, bringt die Linke nicht dazu, dem etwas entgegenzusetzen. Sie sagt, das Sparen müsse ein Ende haben. Aber einen Plan B zum Euro zu entwerfen, traut sie sich nicht. Eine Studie der parteinahen Rosa-Luxemburg-Stiftung ignoriert die Partei einfach. Die hatte empfohlen, dass Schuldenstaaten bei der Wiedereinführung ihrer nationalen Währungen geholfen wird. Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine hatten für diese Linie gestanden.
Angst vor der Debatte
Doch weil die griechischen Linken Angst vor einem Euro-Austritt haben, darf das in Deutschland kein Thema sein, so die Argumentation des Parteichefs Bernd Riexinger. Das zaghafte Aufbäumen einiger Kritiker brachte nichts. Die Partei spricht sich nun gegen ein Ende des Euro aus. Sie sagt aber auch nicht, dass sie ihn bedingungslos verteidigen würde.
Eine große Rolle hat dabei sicher die Erfahrung des vergangenen Jahres gespielt: Die Partei verstrickte sich in Machtkämpfe und trug diese öffentlich aus. Die Umfragewerte sanken. Eine offene Grundsatzdebatte will man sich derzeit schlicht nicht leisten.
Die Linke legt sich in ihrem Euro-Kurs nicht fest und reiht sich damit in die Reihe der anderen Bundestagsparteien ein, die in der Krise auf Sicht fahren anstatt ein visionäres Konzept vorzulegen. Die Stammwähler wird es freuen: Sie werden die Linke wohl deutlich über der Fünf-Prozent-Hürde halten. Neue Stimmen lassen sich mit diesem Programm aber nicht gewinnen. Das von Gregor Gysi ausgerufene Wahlziel von mindestens zehn Prozent lässt sich so nicht erreichen.
Quelle: ntv.de