Politik

Dilemma in Texas Lossagung von Bush

Fern der großen Städte liegt im Herzen von Texas der Ort Crawford mit 631 Einwohnern. Viel gibt es nicht zu sehen - aber: Der texanische Gouverneur George W. Bush kaufte sich in der Nähe eine Ranch. Dann wurde er Präsident – und das texanische Nest hatte einen berühmten Einwohner. Und nun das Dilemma: Die Bush-Heimatzeitung "Lone Star Iconoclast" unterstützt für die Präsidentschaftswahl am 2. November den demokratischen Kandidaten, Senator John Kerry! Die seit Wochen landesweit aufmerksam erwartete Entscheidung des Blattes war der "New York Times" am Mittwoch sogar eine Meldung auf der Titelseite wert.

Das Wochenblatt in Crawford entschied sich wie die Mehrheit der Zeitungen, die bislang eine Wahlempfehlung ausgesprochen haben. Laut der Zeitschrift "The Nation" vom Mittwoch wird Kerry von US-Zeitungen mit einer Gesamtauflage von 2,5 Millionen unterstützt, Bush dagegen nur von Blättern mit einer Auflage von rund 0,6 Millionen. Die meisten Zeitungen des Landes haben aber noch keine Wahlempfehlung ausgesprochen, werden dies aber gemäß amerikanischer Medien-Traditionen noch tun.

Die "Lone Star Iconoclast" hatte vor vier Jahren den Crawford-Einwohner unterstützt. "Wir haben damals Bush wegen seiner Versprechungen unterstützt, nicht auf Grund eines solch nebulösen Programms" (wie er heute habe), so Herausgeber und Chefredakteur Leon Smith in der Begründung für die Empfehlung an die Leser, Kerry zu wählen.

Das Blatt bezog nun in einem Leitartikel klar Stellung gegen Bush: Die Texaner sollten nicht im kleinen lokalen Rahmen denken, sondern im großen Horizont, daher sollten sie Kerry wählen, weil er die Würde Amerikas wieder herstellen könne. Smith, der den Irak-Krieg unterstützt und dies mit den behaupteten Massenvernichtungswaffen von Saddam Hussein begründet hatte, schreibt jetzt, nun habe man die Irreführung erkannt.

Vier Punkte der Bush-Regierung seien besonders Besorgnis erregend: Die Initiativen zur Behinderung des Systems Sozialer Sicherheit, die schlechtere Lage der US-Wirtschaft, ein gefährlicher Trend gegen die Grundfreiheiten der USA sowie die anhaltenden Fehler der USA im Irak. Senator Kerry hingegen habe 30 Jahre lang im Dienst des amerikanischen Volkes gearbeitet und in Vietnam hohe Auszeichnungen errungen, lobt Smith den Senator von Massachusetts.

Auch die Ranch von Bush in Crawford hat die Zeitung abonniert, bestätigte Smith, aber "ich weiß nicht, ob er sie liest". Bush hatte bei einem Interview im Mai erzählt, es sei zu frustrierend, die Kommentare und Meinungsseiten in Zeitungen zu lesen. Daher werfe er meist nur einen Blick auf die Titelseiten und überfliege für ihn interessante Artikel.

Offenbar hat die Zeitung aber viele Einwohner der Stadt verärgert: der Kioskverkauf sank nach Angaben des Blattes von 920 auf 482. Zahlreiche böse Leserbriefe gingen bei der Zeitung ein. Zudem sei die Redaktion auch bedroht worden, hieß es.

Quelle: ntv.de

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