Politik

Amris Flucht in Italien beendet Luca und Christian - die Helden Europas

Nach dem Anschlag in Berlin flüchtet der mutmaßliche Täter Amri aus Deutschland nach Frankreich und später weiter nach Italien. Dort stoppen ihn zwei junge Polizisten - und lassen Europa aufatmen.

Es ist mitten in der Nacht in Sesto San Giovanni. 25 Minuten braucht man von hier aus mit der Metro nach Mailand. Zwei junge Polizisten schieben in der Nähe des Bahnhofs der 80.000-Einwohner-Stadt Wache. Da fällt Luca S. und Christian M. ein Mann auf - wie sich herausstellen wird, ist es der europaweit gesuchte Anis Amri.

Die Mailänder Polizeiführung schildert das Geschehen so: Amri sei sehr ruhig gewesen, habe Italienisch gesprochen, wenn auch mit ausländischem Akzent - der Tunesier hatte sich früher jahrelang in Italien aufgehalten und war dort im Gefängnis. Den Polizisten sagte er demnach, er sei aus der südlichen Region Reggio Calabria, doch der Akzent habe den Beamten Christian M. aufhorchen lassen. Er forderte Amri auf, seinen Rucksack zu leeren. Daraufhin habe dieser eine geladene entsicherte Pistole des Kalibers 22 aus der Jacke hervorgeholt - und geschossen. M. sei an der Schulter getroffen worden.

Der jüngere Polizist Luca (29), der sich hinter dem Streifenwagen versteckte, erwiderte das Feuer. Amri rief: "Polizisten-Bastarde". Der Beamte habe zwei Mal geschossen, dabei habe er Amris Brustkorb getroffen. Alle Reanimationsversuche der Polizisten waren vergeblich, nach zehn Minuten starb Amri, wie es heißt.

Italiens Präsident lässt Grüße ausrichten. Der Premierminister dankt. Der Innenminister ruft die beiden an. Der Mailänder Polizeipräsident lobt. Vorbildlich, professionell, pflichtbewusst, mutig hätten sich die beiden verhalten. Bundesinnenminister Thomas de Maiziere spricht von exzellenter und tapferer Arbeit. Luca gibt den entscheidenden Schuss ab und trifft Amri in den Brustkorb. Er hatte zuvor dem Verdächtigen aufgrund seines Akzents nicht abgenommen, dass dieser aus dem süditalienischen Reggio Calabria kommt. Er beharrt auf die Papiere und wird schließlich von dem extrem gefährlichen Amri angeschossen.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel dankt den Sicherheitsbehörden, Die Berliner Polizei schreibt auf Twitter "Grazie" an die beiden Poliziotti. "Als wir ihn heute am frühen Morgen am Telefon gehört haben, wusste er noch gar nicht, dass der getötete Mann der Attentäter war", sagt der Vater des 29-Jährigen der Nachrichtenagentur Ansa. "Ich danke Gott, dass Luca am Leben ist. Er ist ein mutiger Junge und hat seine Pflicht getan." Er ist übereinstimmenden Medienberichte zufolge erst seit neun Monaten als Polizist auf Probe im Dienst.

Zwei junge Leute - zwei Lebenswege

Dass ihr Sohn Luca einen europaweit gesuchten Terrorverdächtigen getötet hat, bringt seine Mutter zum Nachdenken. "Es berührt einen, wenn man darüber nachdenkt, dass zwei junge Leute so unterschiedliche Wege eingeschlagen haben", sagt sie über Luca und Amri. Beide sind in einem ähnlichen Alter. "Es tut mir leid, dass einer von ihnen tot ist, aber er wusste um das Risiko seines Handelns." Sie sei immer noch aufgewühlt, habe aber noch nicht mit Luca sprechen können: Er müsse erst noch zu den Ereignissen befragt werden und das gehe vor. "Er war immer stark, erwachsen", sagt sie der Ansa. 

Sein Kollege Christian ist auf dem Weg der Besserung. Ein Projektil aus Amris 22-Kaliber-Pistole traf ihn an der Schulter. Er musste operiert werden, schwebte aber nicht in Lebensgefahr. Fotos zeigen ihn im Krankenhaus in Monza nördlich von Mailand mit dem Handy am Ohr. Die Behörden ermitteln nun, ob es sich bei der Pistole um die Waffe handelt, mit der Amri den polnischen Lkw-Fahrer erschossen hat - das wahrscheinlich erste Opfer des Anschlags.

Laut Mailands Polizeipräsident Antonio de Iesu hätte Amri vermutlich erneut zugeschlagen. Dass das nicht passiert ist, ist den beiden Polizisten zu verdanken. "Italien ist ihnen zu Dank verpflichtet", fasst Innenminister Marco Minniti zusammen.

Aufatmen bei den Sicherheitsbehörden

Auch wenn noch nicht klar ist, ob der 24-jährige Tunesier ein Komplizennetzwerk hat: Die Sicherheitsbehörden in Italien und Deutschland atmen auf, dass der gesuchte Terrorverdächtige nun nicht mehr morden kann. Die Weihnachtstage stehen bevor und mit ihnen auch große Festlichkeiten, wie am Samstag und Sonntag im Petersdom und auf dem Petersplatz in Rom, wo schon im vergangenen Jahr erhöhte Sicherheitsvorkehrungen galten.

In Italien schließt sich für Amri der Kreis zu seiner Vergangenheit in Europa. Dort war er 2011 als Flüchtling angekommen, gab sich als Minderjähriger aus, wurde schließlich wegen verschiedener Gewalttaten verhaftet und kam ins Gefängnis. Angeblich wollte er am Freitag von Mailand nach Süditalien weiterreisen, berichteten Medien. Dort war er, bevor er das Land verlassen musste und sich auf den Weg nach Deutschland machte.

Quelle: ntv.de, jwu/dpa

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