Snowdens Vater appelliert an Obama Maaßen sieht keine Fehler und lobt die NSA
27.07.2013, 07:27 Uhr
Wo greift die NSA die deutschen Daten ab?
(Foto: dpa)
Was ist Prism genau? Das weiß selbst der deutsche Verfassungsschutz nicht, gibt dessen Chef Maaßen zu. Alles andere in der Spähaffäre sei jedoch geklärt - auch weil der US-Geheimdienst NSA so auskunftsfreudig sei. Snowdens Vater schickt US-Präsident Obama einen Brief, in dem er um eine Änderung der Gesetze bittet. Sein Sohn habe nichts Kriminelles getan.
Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen sieht die Vorwürfe gegen deutsche Dienste als erledigt an, trotz der anhaltenden Debatte über die Spähaffäre des US-Geheimdienstes NSA sieht. "Was die angeblichen Verfehlungen der deutschen Nachrichtendienste angeht, bleibt festzustellen: Nichts ist übrig geblieben", sagte Maaßen der "Welt". Sieben Wochen nach den ersten Enthüllungen des ehemaligen NSA-Mitarbeiters Edward Snowden sagte Maaßen: "Das Einzige, was wir noch nicht wissen: Was ist Prism genau? Was machen die Amerikaner damit in den USA?" Seine eigene Behörde habe jedenfalls überhaupt keine Anhaltspunkte dafür, "dass die Amerikaner Daten in Deutschland abgreifen".
Dazu besteht aus Maaßens Sicht auch keine Notwendigkeit. "Die meisten Server stehen ohnehin in den USA, darüber laufen Finanz- und Kreditkartendaten sowie die Kommunikation in sozialen Netzwerken", sagte Maaßen weiter. Auch die meisten Datenkabel verliefen über amerikanisches Territorium.
"Ich bin erstaunt"
Er begrüßte, dass die NSA jetzt eine erste Stellungnahme zu Prism an die Bundesregierung übermittelt hat. "Ich bin erstaunt, in welch offener Weise die NSA bereit war, uns über die amerikanischen Prism-Programme aufzuklären", sagte Maaßen. Der US-Dienst habe dadurch zur allgemeinen Klarstellung beigetragen. Maaßen wehrte sich dagegen, dass der Verfassungsschutz angeblich die "Schnüffelsoftware" "XKeyscore" des US-Dienstes NSA einsetze. "Das IT-Tool ist keine Spähsoftware, sondern ein Analyseprogramm", sagte Maaßen.
Aus Dokumenten des Ex-US-Geheimdienstlers Snowden geht hervor, dass mit XKeyscore erhobene Daten von Nutzern abgefragt werden können. So zeigt internes Informationsmaterial etwa, wie Metadaten – also wer mit wem kommuniziert hat – auch im Hinblick auf genutzte Logins, E-Mail-Adressen, Telefonnummern und sonstige Aktivitäten wie die Nutzung von Google Maps miteinander verknüpft und in eine eigene Datenbank eingespeist werden könnnen.
Lob und Skepsis für Gauck
Der SPD-Vorsitzende Sigmar Gabriel begrüßte indes die deutlichen Worte von Bundespräsident Joachim Gauck in der Debatte über die US-Datenüberwachung. "Ein Mann mit seiner Biografie weiß, wie hoch Freiheitsrechte einzuschätzen sind", sagte Gabriel der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Gaucks Haltung sei ein wohltuender Kontrast zur Leisetreterei von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Die Kanzlerin müsse den USA beim Thema Datenschutz mit mehr Entschiedenheit entgegentreten, forderte Gabriel.
Der Bundespräsident hatte in einem Interview bekannt, dass ihn die Spähaffäre um ausländische Geheimdienste sehr beunruhige. Die Angst, dass Telefonate oder Mails erfasst würden, schränke das Freiheitsgefühl ein. Es bestehe die Gefahr, dass die Freiheit an sich beschädigt werde.
Das von Gauck geäußerte Verständnis für den US-Informanten Edward Snowden stieß in der CDU auf Skepsis. Der frühere Geheimdienst-Mitarbeiter hatte die Spähaffäre ausgelöst. "Seine Rolle kann erst bewertet werden, wenn der Wahrheitsgehalt seiner Aussagen zweifelsfrei überprüft worden ist", sagte der CDU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz der "Passauer Neuen Presse". Ohne Snowden direkt zu erwähnen hatte Gauck gesagt, wer Missstände an die Öffentlichkeit bringe und dabei aus Gewissensgründen handele, der verdiene Respekt.
Ungehorsam, keine Spionage?
Snowdens Vater wandte sich inzwischen an US-Präsident Barack Obama. "Wir fordern Sie und den Justizminister auf, die ausstehende Strafanzeige gegen Edward fallen zu lassen", schrieb Lon Snowdens Anwalt in dem Brief. Er drängte Obama und Justizminister Eric Holder dazu, der von Snowden aufgedeckten missbräuchlichen Spionage durch den Geheimdienst NSA mit entsprechenden Gesetzen ein Ende zu bereiten. Der Fernsehsender MSNBC veröffentlichte das Schreiben.
Lon Snowden, der die Enthüllungen seines Sohnes vor drei Wochen als tapfer und ehrenwert bezeichnet hatte, kritisierte die Regierung und den US-Kongress für ihr Vorgehen. Der Eifer der US-Regierung, den Computerspezialisten zu bestrafen, sei skrupellos und unvertretbar, da die Überwachungsprogramme der NSA Orwell'sches Ausmaß hätten. In dem Schreiben beruft sich der Vater darauf, die Taten seines Sohnes sei als Ziviler Ungehorsam zu werten, nicht als krimineller Akt. Das Recht darauf, nicht von der Regierung bespitzelt zu werden, sei ein "Eckpfeiler der Freiheit".
Holder hatte der russischen Regierung zuvor zugesichert, dass die USA für Snowden nicht die Todestrafe anstrebten und ihn auch nicht foltern würden - falls Russland den 30-Jährigen ausliefere. Snowden soll sein Asylgesuch in Moskau unter anderem damit begründet haben, dass ihm in den USA Folter und die Todesstrafe drohe.
Quelle: ntv.de, rpe/dpa