Politik

Frauenpower contra Bush Machtwechsel im US-Kapitol

Machtwechsel auf dem US-Kapitol: Nach zwölf Jahren mit republikanischer Mehrheit ist am Donnerstag der neue demokratisch beherrschte Kongress zu seiner konstituierenden Sitzung zusammengetreten. Im Mittelpunkt stand die Vereidigung der am 7. November neu gewählten Abgeordneten und Senatoren. Mit der Demokratin Nancy Pelosi wurde erstmals in der US-Geschichte eine Frau zur Präsidentin des Abgeordnetenhauses gewählt. Mit Keith Ellison gehört auch zum ersten Mal ein Muslim dem US-Kongress an.

In ihrer ersten Rede im neuen Amt unterstrich Pelosi die Forderung der Demokraten nach dem Beginn eines Abzugs von US-Truppen aus dem Irak. Es sei die Verantwortung von US-Präsident George W. Bush, den Irakern klar zu machen, dass sie ihr Land selbst verteidigen müssten, sagte sie. Bei der Kongresswahl vom 7. November hätten die amerikanischen Wähler ihre Ablehnung eines US-Engagements im Irak mit offenem Ende klar zum Ausdruck gebracht.

Bei der Kongresswahl im November hatten die Demokraten 233 der 435 Abgeordnetensitze errungen. Im Senat haben sie mit Hilfe von zwei Unabhängigen eine knappe Führung von 51 zu 49 Sitzen. Wegen des Wechsels der Mehrheiten wird es der republikanische Präsident George W. Bush in den letzten zwei Jahren seiner Amtszeit äußerst schwer haben, größere Gesetzesvorhaben im Kongress durchzusetzen.

Bereits in den 100 Stunden nach der konstituierenden Sitzung wollen die Demokraten eine Fülle von Gesetzesvorhaben durch den Kongress bringen. Pelosi hatte angekündigt, unter anderem sofort die Mindestlöhne erhöhen, die von Bush heftig bekämpfte Stammzellenforschung ausweiten und Ethik-Regeln für den Kongress verabschieden zu wollen. Auch stehen Initiativen zu Gunsten von Studenten und Senioren auf dem Programm.

Dabei sollen die Republikaner keine Möglichkeit zu Veränderungen an den demokratischen Gesetzesvorhaben bekommen, obwohl Pelosi und ihre Parteifreunde im Wahlkampf versprochen hatten, das Klima im Kongress zu verbessern und damit die von ihnen selbst so sehr beklagte jahrelange Lähmung der Gesetzesarbeit zu beenden. Als wichtigster Grund für den Machtwechsel im Kongress bei den Wahlen vom November gilt die verfahrene Lage im Irak-Krieg.

Bush wünscht sich Kooperation

US-Präsident George W. Bush hat die Demokraten zum Auftakt der neuen Legislaturperiode zur Zusammenarbeit aufgerufen. Parteipolitik müsse hinter gemeinsamen Interessen zurückbleiben, sagte Bush vor der konstituierenden Sitzung des neuen Kongresses

Bush hatte am Mittwoch führende Kongressmitglieder zu einem informellen Empfang eingeladen. Vertreter der Demokraten reagierten allerdings zurückhaltend auf die Aufforderung des Präsidenten: "Ich fühle mich ermutigt davon, dass Präsident Bush heute sagte, er wolle überparteilich zusammenarbeiten", sagte der Demokrat Harry Reid, der den Posten des Mehrheitsführers im Senat übernehmen wird. "Ich hoffe, er meint es auch so."

Auch der demokratische Senator Charles Schumer aus New York äußerte sich skeptisch: "Wir hoffen, dass der Präsident mit 'Kompromissen' etwas anderes meint als das, was er in der Vergangenheit darunter verstanden hat."

Für die letzten beiden Jahre seiner Amtszeit hat Bush als größtes außenpolitisches Projekt einen Strategiewechsel im Irak und innenpolitisch einen Schuldenabbau angekündigt. In beiden Feldern sind die Kontroversen zwischen Republikanern und Demokraten groß: Die Demokraten drängen mit Blick auf die für Dienstag kommender Woche erwartete Irak-Rede Bushs auf einen klaren Zeitplan zum Rückzug der US-Truppen.

Rekordschulden

Zudem werfen sie Bush vor, die Rekordschulden der USA mit seiner Steuer-und Kriegspolitik verursacht zu haben. "Wir begrüßen, dass der Präsident wieder zur Pflicht, den Haushalt auszugleichen, zurückgefunden hat", sagte John Spratt, der im Repräsentantenhaus den Vorsitz des Haushaltsausschusses übernehmen wird. "Seine Äußerungen legen aber die Vermutung nahe, dass er die Politik weiter betreiben will, die zu den größten Defiziten in unserer Geschichte geführt hat."

Die Demokraten haben als Mehrheitspartei nun das Recht auf den Vorsitz in allen Ausschüssen und können damit auch jederzeit Untersuchungskommissionen einrichten, die ihnen die Republikaner bislang verwehrt haben. Als einen ihrer ersten Schritte haben sie angekündigt, überprüfen zu lassen, ob die Bush-Regierung vor dem Irak-Einmarsch Informationen manipuliert hat, um die US-Bürger von ihrer Entscheidung zu überzeugen.

Quelle: ntv.de

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