"Arbeitsmarktreform ist nicht christlich" Marx attackiert Schwarz-Gelb
01.06.2011, 16:22 UhrKardinal Marx kritisiert die Arbeitsmarktreform der christlich-liberalen Koalition als mit dem christlichen Menschenbild unvereinbar. "Kein Mensch ist überflüssig, jeder wird gebraucht!", sagt Marx an die Adresse von Arbeitsministerin von der Leyen.
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat die Bundesregierung wegen der geplanten Einschnitte bei der Förderung von Langzeitarbeitslosen heftig angegriffen. "Die vorgeschlagene Reform führt im Effekt dazu, rund 500.000 der etwa 1,4 Millionen langzeitarbeitslosen Menschen schlicht abzuschreiben. Das aber ist mit unserem christlichen Menschenbild nicht vereinbar", sagte der Erzbischof von München und Freising.
Am Vortag hatte bereits der Paritätische Wohlfahrtsverband Schwarz-Gelb "Arbeitsmarktpolitik mit der Abrissbirne" vorgeworfen. Es könne nicht sein, dass die Bundesregierung die Förderbemühungen vor allem auf schnell vermittelbare Arbeitslose konzentriere. Von der Leyen will mit einer Reform der Arbeitsmarktpolitik bis 2015 knapp 8 Milliarden Euro einsparen. Abgeschafft oder reduziert würden Instrumente, mit denen die Betroffenen vor allem in Warteschleifen geschickt worden seien.
"Kein Mensch ist überflüssig, jeder wird gebraucht!", heißt es in der von Marx verbreiteten Erklärung. In der aktuell geplanten Form seien die Reformen nicht dazu geeignet, jedem Menschen die Chance zu geben, "die Freiheitsmöglichkeiten in unserer Gesellschaft zu nutzen und aktiv mitzugestalten", kritisierte Marx. Die Menschenwürde müsse auch für die Arbeitsmarktpolitik das zentrale Kriterium sein.
"Langzeitarbeitslosigkeit ist sozial ungerecht"
Auch jene Menschen hätten ein fundamentales Recht auf eine sinnvolle, öffentlich geförderte Beschäftigung, die in einem verkürzten Verständnis im Sinne des Marktes vielleicht nicht "produktiv" sei, aber doch Sinn und Wertschätzung gebe und Perspektiven eröffne. "In diesem Punkt jedoch sind die Reformen nicht hilfreich. Im Gegenteil, sie verhindern durch die neu eingeführten Kriterien eine realitätsnahe, sinnvolle, sinnstiftende, weiterführende Beschäftigung und führen letztlich zur bloßen Alimentierung“, so Marx, der zugleich betonte, Langzeitarbeitslosigkeit sei aus Sicht der Kirche "sozial ungerecht".
Der Münchner Erzbischof gilt als profilierter Kenner der katholischen Soziallehre. Immer wieder meldet er sich auch zu wirtschaftspolitischen Themen zu Wort. Sein Buch "Das Kapital" erregte große Aufmerksamkeit, als es im Oktober 2008 zu Beginn der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise auf den Markt kam.
Quelle: ntv.de, hvo/dpa