Raketenbeschuss aus Gaza Massive Vergeltung droht
01.02.2009, 16:37 UhrNach neuerlichem Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen hat der israelische Ministerpräsident Ehud Olmert offen mit Vergeltung gedroht. Auf die Raketenangriffe radikaler Palästinenser werde Israel "hart und unverhältnismäßig" reagieren, sagte Olmert. Im Bemühen um eine Koordination der internationalen Hilfe für die Bevölkerung im Gazastreifen rief Ägypten die verfeindeten Palästinensergruppen zur Versöhnung auf.
Olmert sagte während der wöchentlichen Kabinettssitzung in Jerusalem: "Wenn die Bürger im Süden Israels beschossen werden, wird die israelische Reaktion hart sein." Man werde "nicht zu den alten Spielregeln zurückkehren, die die Terrororganisationen uns aufzwingen wollten". Er habe Verteidigungsminister Ehud Barak angewiesen, die Armee für eine Reaktion vorzubereiten. Die radikalislamische Hamas im Gazastreifen kritisierte die Drohung als Teil des israelischen Wahlkampfs. Unter falschem Vorwand solle so wieder eine Eskalation des Konflikts heraufbeschworen werden, erklärte Hamas-Sprecher Taher El Nunu in Gaza.
Vier Raketen, die vom Gazastreifen aus abgefeuert worden waren, explodierten am Sonntagmorgen in Israel. Es gab nach israelischen Angaben weder Verletzte noch Sachschaden. Eine der Raketen schlug in der Nähe eines Kindergartens ein. Zu dem Angriff bekannte sich eine Gruppierung der Al-Aksa-Brigaden. Die Brigaden gehören zu der mit der Hamas rivalisierenden Fatah von Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas.
Bereits am Samstag war eine aus dem Gazastreifen abgefeuerte Rakete nahe der Küstenstadt Aschkelon eingeschlagen. Die Beendigung des Raketenbeschusses war eines der Hauptziele der israelischen Offensive im Gazastreifen, bei der etwa 1300 Palästinenser, darunter mindestens 700 Zivilisten, getötet wurden und die vor zwei Wochen mit einer Waffenruhe grundsätzlich beendet wurde. Kritiker hatten Israel Unverhältnismäßigkeit vorgeworfen. Auf israelischer Seite starben zehn Soldaten und drei Zivilisten. Israel macht die Hamas für die vielen zivilen Opfer unter den Palästinensern im Gazastreifen verantwortlich, weil die Organisation in Städten und Flüchtlingslagern Stellung beziehe.
Bei den palästinensischen Raketenangriffen auf Israel starben in den vergangenen acht Jahren 18 Menschen. Seit der am 18. Januar verkündeten Waffenruhe kommt es immer wieder zu sporadischem Raketenbeschuss, auf den Israel meistens mit Luftangriffen auf Ziele der Hamas im dicht besiedelten Gazastreifen reagiert.
Israel macht Grenzen wieder dicht
Der Generaldirektor des einzigen Kraftwerks im Gazastreifen warnte am Sonntag, man müsse den Betrieb angesichts von Treibstoffmangel in Kürze einstellen. Seit Freitag habe man die Stromerzeugung bereits um die Hälfte reduziert, sagte Suhail Skeik. Israel hatte die Grenzen nach Beendigung der Offensive teilweise für humanitäre Hilfsgüter und Treibstofflieferungen geöffnet. Nach den neuen Raketenangriffen aus dem Gazastreifen wurden diese jedoch wieder geschlossen.
Skeik warnte vor einer Versorgungskrise im Gazastreifen, sollten die Lieferungen nicht binnen zwei oder drei Tagen wieder aufgenommen werden. "Es gibt kein Kochgas, und die Krankenhäuser brauchen ständig Strom."
Vermittlungsgespräche in Ägypten
Die ägyptische Regierung mahnte unterdessen die untereinander zerstrittenen Palästinenserorganisationen - allen voran die Hamas und die als gemäßigt geltende Fatah-Bewegung von Palästinenserpräsident Mahmud Abbas - zur Versöhnung. Die Rivalitäten zwischen den verschiedenen Gruppen könnten die Hilfsbereitschaft der bis zu 70 Geberländer beeinträchtigen, die am 2. März in Ägypten erwartet würden, sagte der ägyptische Außenamtssprecher Hossam Saki der Zeitung "El Ahram". Die palästinensische Autonomiebehörde unter Abbas besteht darauf, den Wiederaufbau im Gazastreifen zu koordinieren. Allerdings hat die Hamas die Vertreter Abbas' im Juni 2007 aus dem Gazastreifen verjagt und dort die Macht an sich gerissen.
Sowohl Abbas als auch Vertreter der rivalisierenden Hamas wurden zu Vermittlungsgesprächen in Ägypten erwartet. Abbas sollte am Montag den ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak treffen. Der Palästinenserpräsident sagte deshalb einen für Montag geplanten Besuch in Tschechien ab, wie das Präsidialamt in Prag mitteilte. Auch die Hamas wollte bis zum Montag eine Delegation nach Kairo schicken, um dort unter anderem weiter über einen dauerhaften Waffenstillstand mit Israel zu verhandeln.
Der im syrischen Exil lebende Hamas-Chef Chaled Maschaal kam am Sonntag zu Gesprächen mit der iranischen Führung in Teheran zusammen. Wie die staatliche Nachrichtenagentur Irna meldete, sollte Maschaal unter anderem Präsident Mahmud Ahmadinedschad treffen. Maschaal besucht regelmäßig den Iran, dessen Regierung einer der wichtigsten Verbündeten der Hamas ist.
Katar spendet für Wiederaufbau der Schulen
Im Golfstaat Katar sammelten Menschen 300 Millionen Dollar (234 Millionen Euro) für den Wiederaufbau von Schulen im Gazastreifen. Im Rahmen einer Benefizsendung im Fernsehen kamen gut 100 Millionen Dollar zusammen, welche von der Frau des Scheichs um das Doppelte aufgestockt wurde, wie die Organisatoren des Spendenaufrufs mitteilten. Durch die israelische Militäroffensive im Gazastreifen Anfang des Jahres wurden nach UN-Angaben mehr als 30 Schulen zerstört. Nach Angaben von palästinensischen Rettungskräften kamen 437 Kinder ums Leben.
Quelle: ntv.de