CSU sieht sich schuldlos Medien-Ente?
02.01.2002, 00:01 Uhr"Bösartige Kampagne" - so nennt CSU-Generalsekretär Thomas Goppel den Bericht des Magazins "Stern" über eine angebliche Verwicklung der CSU in eine Spendenaffäre. Um die Vorwürfe zu entkräften, legte Goppel am Mittwoch eine Bundestagsdrucksache vom April 1996 vor, in der das Verfahren der CSU zur Anwerbung von Patenschaftsabonnements ausführlich erörtert wird.
Der "Stern" hatte berichtet, die CSU habe zwischen 1994 und 1999 für etwa sechs Millionen Euro über Zeitschriftenwerber so genannte Spenden-Abonnements des Parteiblattes "Bayernkurier" und des Informationsdienstes "Münchner Brief" verkauft. Den Käufern habe die CSU "falsche" Spendenquittungen ausgestellt. So habe sie - da Parteien seit 1994 für jeden nachgewiesenen gespendeten Euro einen staatlichen Zuschuss von 50 Cents erhalten - mehr als drei Millionen Euro an staatlichen Spendenzuschüssen erschlichen.
Die Bundestagsverwaltung hatte die Spendenpraxis der CSU 1996 gebilligt. Ein Sprecher sagte am Mittwoch, nach einer Prüfung habe es damals "keine Beanstandung gegeben". Nach den Vorwürfen des "Stern" werde aber sorgfältig geprüft, ob es neue Anhaltspunkte gebe. Das Ergebnis könne nächste Woche vorliegen.
Die von Thomas Goppel vorgelegte Bundestagsdrucksache geht explizit auf diese Praxis ein und kommt zu dem Schluss: "Die Besonderheit (...) liegt hier darin, dass der Zeitungsverlag und die spendenberechtigte Partei ein und dieselbe (juristische) Person sind. Für die steuerliche Abzugsfähigkeit ist dies nach der bisherigen Rechtslage jedoch unschädlich. Erhält daher die Partei ein Patenschaftsabonnement ihrer eigenen Zeitung zugewendet, um damit letztlich für sich selbst im Rahmen der Öffentlichkeitsarbeit zu werben, so kann die Partei dafür eine Spendenbescheinigung ausstellen."
Nach Goppels Worten sind die Spenden-Abos in den CSU-Rechenschaftsberichten stets als solche ausgewiesen worden. Vom Bundestag seien sie nie beanstandet worden. Dem "Stern" zufolge halten Steuerexperten die Abonnements nicht für Spenden, weil an den Verlag "Bayernkurier" als Wirtschaftsbetrieb nicht gespendet werden könne. Auch wenn die Spender der CSU erlaubt hätten, die Empfänger der Abos auszusuchen, werde aus Zuwendungen an das Parteiblatt keine Spende an die Partei, berichtete das Magazin unter Berufung auf Fachleute.
CSU-Landesgruppenchef Michael Glos griff in Zusammenhang mit den Vorwürfen Bundestagspräsident Wolfgang Thierse an. Dieser verhalte sich "für meinen Geschmack viel zu parteiisch", sagte Glos im ZDF. Thierse wolle Dinge prüfen lassen, die fest stünden. Das ZDF berichtete zudem, die CSU erwäge den "Stern" zu verklagen.
Kritik an CSU
Der Parteienrechtler Martin Morlok sagte auf n-tv, die CSU habe mit ihren unkorrekten Spendenquittungen unrechtmäßig Geld kassiert. Dies stelle "zweifellos einen Betrug von Seiten der Parteiverantwortlichen gegenüber dem Fiskus beziehungsweise zu Lasten anderer Parteien dar". Diese Praxis sei ihm von keiner anderen Partei bekannt. Morlok berät Bundestagspräsident Wolfgang Thierse in Sachen Parteienfinanzierung.
Aufklärung gefordert
Der Vorsitzende des Untersuchungsausschusses im Bundestag, Volker Neumann (SPD), forderte die CSU auf, die Vorwürfe "so schnell wie möglich aufzuklären ". Der "Berliner Morgenpost" sagte Neumann, die entscheidende Frage sei, ob die Abonnenten das Geld an den "Bayernkurier " oder an die CSU überwiesen hätten. "Problematisch" werde es, wenn die Einzahlungen der Spender an den Zeitungsverlag erfolgt und dann später als Parteispende deklariert worden seien. In diesem Fall werde auch der Spenden-Untersuchungsausschuss tätig werden.
Quelle: ntv.de