Mikro-Panne in Russland Medwedew beschimpft Ermittler
11.12.2012, 02:11 Uhr
Die Kameras waren noch auf Dimitri Medwedew gerichtet, als er frei weiterredete.
(Foto: REUTERS)
Zuerst gibt er ein großes TV-Interview, dann plaudert Russlands Regierungschef Dimitri Medwedew noch etwas mit den Journalisten. "Sie sind Trottel", sagt er über die Kräfte des Ermittlungskomitees. Beide Seiten wissen nicht, wie sie mit dem Fauxpas umgehen sollen.
Eigentlich nicht für die Öffentlichkeit bestimmte Äußerungen des russischen Regierungschefs Dmitri Medwedew haben in Russland für Aufregung gesorgt. Nach einem umfassenden Interview zum Jahresende für fünf russische Fernsehkanäle hatte sich Medwedew bei immer noch angeschaltetem Mikrofon abfällig über die russischen Sicherheitskräfte geäußert. Das rief das mächtige Ermittlungskomitee (SK) auf den Plan, das sich als Gegenstück zur US-Bundespolizei FBI versteht.
Auf die Frage eines Journalisten zu einer am selben Tag vorgenommenen Razzia bei dem Regisseur Pawel Kostomarow, der an einem Dokumentarfilm über die russische Opposition arbeitet, antwortete Medwedew: "Machen Sie sich keine Sorge, alles wird gut. Sie (die Fahnder) sind Trottel, wenn sie um 8 Uhr morgens kommen". Er habe viele Freunde in den Sicherheitskräften, und diese wüssten, dass sie "alles bekommen, wenn sie um 7 Uhr kommen".
Erklärung des Komitee-Chefs verschwindet
Der Sprecher des Ermittlungskomitees im Rang eines Generals, Sergej Markin, reagierte mit einer Erklärung, in der es hieß: "Es ist sehr merkwürdig, Kommentare zu hören, die nicht nur russische Ermittler beleidigen, sondern auch die Autorität aller Sicherheitskräfte im Land untergraben". Die Erklärung verschwand später von der Webseite des Ermittlungskomitees, doch Markin bekräftigte seine Vorwürfe gegenüber der Zeitung "Kommersant", die am Montag titelte: "Das Interview des Ministerpräsidenten endet in einem Skandal".
Für einige Kommentatoren ist der Vorfall Ausdruck des Machtkampfes innerhalb der russischen Führungsspitze und einer Kampagne zur Diskreditierung Medwedews, dessen Popularitätswerte in den vergangenen Monaten stark sanken. Fragen wirft ihnen zufolge auch die Tatsache auf, dass die bei YouTube ins Internet gestellten Äußerungen des Regierungschefs vom staatlichen Fernsehsender RT stammen. Das Ermittlungskomitee ist die Speerspitze des staatlichen Vorgehens gegen Gegner von Staatspräsident Wladimir Putin.
Quelle: ntv.de, AFP